juni-juli 2004

Fini Hollaus

Zwischen Vereinigung und Spaltung

Die Linken Europas formieren sich auf EU-Parlamentsebene

Die einen sprechen von einem neuen Hoffnungskeim, die anderen von einem Gespenst, das umgehe in Europa. Grund der Polarisierung innerhalb der Linken ist die Konstituierung einer EU-Partei links von Sozialdemokratie und Grünen. Am 8. Mai verbündeten sich in Rom fünfzehn Linksparteien Europas zur„Europäischen Linkspartei“, kurz ELP. Einerseits versuchen die GründerInnen damit ein Zeichen der Vereinigung der Linken Europas zu setzen, andererseits wird die Gespaltenheit im linken Flügel damit erst deutlich sichtbar.

In Österreichs linker Parteiszene brodelt es. Zwei wichtige Entscheidungen wurden in den vergangenen Monaten getroffen. Zum einen die Kandidatur der „Opposition für ein solidarisches Europa – Europäische Linke, KPÖ, Unabhängige (Linke)“ zur Europaparlamentswahl am 13. Juni, zum anderen die Unterstützung der Konstitution der Europäischen Linkspartei. Beide Absichten trafen innerhalb der Kommunistischen Partei Österreichs auf massiven Widerstand. Bei einer Parteikonferenz der KPÖ in Wien am 13. März zeichnete der knappe Vorsprung von 158 zu 122 Stimmen für die BefürworterInnen des Ganges ins Europäische Parlament ein klares Bild der Spaltung innerhalb der Partei. Doch nicht nur national klafft die Meinung über die Sinnhaftigkeit einer politischen Beteiligung der Linken auf EU-Parlamentsebene extrem auseinander, in ganz Europa sind die Standpunkte der Linksparteien diesbezüglich gespalten.

Neben der KPÖ sind die BegründerInnen der ELP unter anderem die deutsche PDS, die Rifondazione Comunista (Italien), die griechische Synaspismos, die kommunistische Partei Frankreichs, die Vereinigte Linke Spaniens und die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Estlands. Sie verstehen die ELP nicht als Partei im klassischen Sinn, sondern als linkes Bündnis von sozialen Kräften, unter denen sich auch (nicht nur) linkssozialistische und erneuerte kommunistische Parteien befinden. Sie sehen ihre Chance darin, die verschiedenen Zielsetzungen – seien diese nun sozialer, alternativer, ökologischer oder feministischer Natur – auf einen Nenner zu bringen, um diesen machtpolitisch nutzen zu können. Programmatisch fand dieser Anspruch am 8. Mai in Rom seine Festsetzung. Diesen Plan auch auf realpolitischer Ebene umzusetzen wird eine Herausforderung sein, die kritische Beobachter als unbezwingbar prognostizieren. Zu groß seien die ideologischen Differenzen zwischen den Parteien. Bereits bei Fragen wie der Position zur geplanten EU-Verfassung würde zwischen dem klaren Nein von Rifondazione und der wachsweichen Haltung der PDS eine erhebliche Distanz klaffen. Die ELP sieht ihre Chance darin, aktiv auf EU-Parlamentsebene Politik machen zu können und Ziele umzusetzen wie, „der EU einen anderen Inhalt geben: [...] ein alternatives soziales und politisches Modell zum Kapitalismus, aktiv gegen wachsende Militarisierung und Krieg.“ (Programm der Europäischen Linken) KritikerInnen meinen dazu, dass diese Zielsetzungen schon im Ansatz zum Scheitern verurteilt seien, denn die EU an sich sei konzentrierter Ausdruck der europäischen Kapitalmacht und die Zulassung als europäische Partei erfordere ein ausdrückliches Bekenntnis zur Europäischen Union und ihren Werten.

Als Mitgliedsstaat in der heutigen Situation einen Austritt aus der EU anzustreben empfindet die ELP als wenig sinnvoll, gerade weil sich die Union massiv auf Expansionskurs befindet und sich als Tatsache in Europa bereits fix etabliert hat. Es gilt ihrer Meinung nach, den EU-Verfassungsentwurf in der aktuellen Form abzulehnen und die Inhalte darin zu verändern. Mit Sicherheit ein hoch gestecktes Ziel. Genauso sicher, wie es Links in Europa in Zukunft spannender werden wird.