september-oktober 1998

Gerald Gröchenig
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Der Kultur eine Stimme

Der Dachverband Salzburger Kulturstätten ist zehn Jahre jung

Oktober 88: Der Dachverband Salzburger Kulturstätten bringt sein erstes Monatsplakat heraus: In der E-Bühne läuft gerade Grillparzer’s »Weh dem, der lügt«, im TOI Haus »Die Geschichte vom Soldaten« und im Filmkulturzentrum muß man sich um Karten für »Koyanisqaatsi« anstellen.

Gegründet wurde die Organisation, weil Salzburgs kleinere Kulturstätten schlichtweg ums Überleben kämpften. In einem Flugblatt weist man 1989 jeden Besucher darauf hin, daß »...der Besuch von Hochkultureinrichtungen ...von Stadt und Land durchschnittlich mit 460,— Schilling pro Karte subventioniert werden, von den selben Behörden Ihr Besuch einer Stätte des Dachverbands nur mehr ÖS 26,— wert ist«. Die damals eruierten Zahlen machen selbstsicher: immerhin können acht kleinere Einrichtungen gemeinsam gleich viele Besucher wie die Salzburger Festspiele (220.000) für sich buchen. Also startet man Aktionen, um diese unhaltbaren Zustände zu beheben. Mit dem »gelben« Monatsplakat trat man erstmals gemeinsam an die Öffentlichkeit und präsentiert eine umfassende Monatsübersicht (vom Kulturamt der Stadt kurz darauf mehr oder weniger farblos abgekupfert). Man veranstaltet interne Seminare zur Weiterbildung, entwickelt Programme der Kulturvermittlung, und man wird vermehrt »politisch« tätig: eine sechssprachige Zeitung wird in einer Auflager von 50.000 Exemplaren einen Sommer lang in der Stadt verteilt, eine Kulturdemo füllt immerhin den Alten Markt. Der Slogan »Kultur ist Arbeit, Kultur braucht Raum, Kultur braucht Förderung« wird dann auch bald von der offiziellen Politik übernommen. Und man handelt »solidarisch«: Als Bürgermeister Reschen 1989 das Filmkulturzentrum ans Elmo Kino verscherbeln will, werden die anderen Zentren aktiv. Künstlerhaus Präsident Leon Mogil (leider früh verstorben) teilt ihm auf einer Vernissage mit, daß das so nicht gehe. Nach einigen Tagen wird das Vorhaben fallengelassen. (Bei welchen Veranstaltungen wird heute übrigens Dechant auf sein kulturpolitisches Wirken angesprochen?).

Krisen gab’s natürlich auch. Und letzendlich schaffte es beinahe Herbert Fartacek, mit seiner überdimensionierten SPOT GesmbH den Dachverband in Befürworter und Gegner dieser Einrichtung zu spalten. Hatte man dies erfolgreich überstanden, war man auch gegen Dechant’s Strafsanktionen gefeit. Der jetzige Bürgermeister und Kulturreferent erkor sich die Organisation, die gegen jeden Rückschritt im kulturpolitischen Handeln öffentlich auftrat, zu seinem Lieblingsfeind und strich munter die Subventionen. Von 450.000 auf derzeit 70.000 Schilling, wobei es zwei Jahre von Seiten der Stadt überhaupt nichts gab (In Oberösterreich ist die ähnlich gelagerte KUPF die Politik ca. 1,5 Mio an Förderungen wert und hat letztendlich sehr viel zur dortigen lebendigen Kulturszene beigetragen). Doch Dechant’s Rechnung ging nicht auf: mit jedem gestrichenen Schilling wurde der Dachverband stärker bzw. kamen neue Mitglieder hinzu. Trotzdem mußte man machtlos zusehen, wie z.B. das Frauenkulturzentrum diesen kulturfeindlichen Aktivitäten zum Opfer fiel.

Aus dem grellgelben Plakat von ‘88 ist in der Zwischenzeit ein fast doppelt so großes in blau geworden. Aus den acht Gründungsvereinen wurden in der Zwischenzeit 46 Mitgliedsorganisationen. Von den drei Bürgermeistern, die man überlebt hat, sagt der Volksmund richtig: »Es kommt nix Bessers nach«. Nach dem ÖVP Kulturreferenten Desaster in der Stadt zieht nun auch die SP nach: in Hallein ist dem dortigen SPÖ-Bürgermeister die Kultur nur mehr ein Zehntel der bisherigen Fördersumme wert. Der Dachverband hat noch eine lange Zukunft vor sich.