märz 1999

Ulrike Ramsauer

Handwerk: Bücher machen

Ein Gespräch mit den KleinverlegerInnen der Edition Blattwerk in Oberösterreich

Mit einer kleinen, feinen Auswahl an experimenteller Literatur macht die 1994 gegründete Linzer Edition Blattwerk in Kulturredaktionen und in der Literaturszene auf sich aufmerksam. Von ihrer Werkstatt, genaugenommen ihrem Wohnzimmer aus betreuen die beiden Herausgeber Christian Steinbacher und Elisabeth Messner einige wenige Buchprojekte pro Jahr akribisch – vom Lektorat über das Layout bis zur Mischung der Umschlagfarbe in der Druckerei. Daß es den beiden Kleinverlegern immer wieder gelingt, Autoren in ihr Programm zu nehmen, die den Literaturbetrieb scheuen, wie etwa den alten Herren der österreichischen Avantgarde, Andreas Okopenko, liegt nicht nur an ihren guten Kontakten innerhalb der relativ kleinen Szene, sondern resultiert auch aus ihrem vorbehaltlos zeitintensiven Engagement für Text und Buchgestalt.

Seit fünf Jahren widmet sich die Edition Blattwerk der Herausgabe von Avantgardeliteratur, wie läßt sich die Programmlinie umreißen?

• Wir versuchen einen Beitrag zu setzen im Weiterschreiben einer avancierten Literatur. – Ich verwende diesen Begriff bewußt anstelle von »experimentell«, weil der zum Etikett herabgesunken ist und für literarische Phänomene verwendet wird, die oft nichts mit unserer Auffassung zu tun haben. – Das Programm kommt aus einer Tradition, die sich mit der Moderne und ihren weiterführenden Bewegungen auseinandersetzt und hier Sprache einzulösen und poetisch weiterzuentwickeln versucht. Zuletzt haben wir ein Buch mit Andreas Okopenko gemacht. Uns geht es um Arbeiten, die sonst vielleicht nicht veröffentlicht würden, und das war auch bei diesem Buch der Fall. Weitere Autoren im Rahmen unseres Programms sind etwa Waltraud Seidlhofer, Ronald Pohl, Robert Stähr, Ingo Springenschmid, Franzobel und Fritz Widhalm.

Okopenko wurde kürzlich der Große Österreichische Staatspreis für Literatur zuerkannt, im Vorjahr hat Blattwerk sein Buch »Traumberichte« ins Programm genommen – man könnte sagen ein Glücksfall, nachdem er zuvor jahrelang nichts mehr veröffentlicht hat. Wie ist dieses Buchprojekt zustandegekommen?

• Es ist sicherlich ein Glücksfall, vor allem für ihn, für uns natürlich auch. Uns geht es dennoch um das Werk und um den Autor und nicht um unsere Erfolge. Wir haben in Zeitschriften einzelne Träume von Okopenko gelesen, und ein Freund hat uns darauf hingewiesen, daß er diese Texte zu einem Buch zusammenführen möchte. Im Zuge der Vorbereitung einer Lesung habe ich ihn in einem Brief auf dieses Projekt angesprochen. Die Korrespondenz lief weiter und es hat sich dann herausgestellt, er würde dieses Projekt nicht nur gerne absehbar abschließen, sondern auch bei uns machen. Es war eine sehr intensive Lektoratsarbeit, weil wir minutiös sind und Okopenko selber auch.

Wie ist die Philosophie eines Kleinverlages, was schätzen die Autoren an Eurem Arbeitsstil?

• Es geht darum, einen Text möglichst adäquat umzusetzten, weil das wichtig ist. Es stehen keine Gewinnüberlegungen im Vordergrund, ich bin selber Autor und von daher haben wir ein kollegiales Verhältnis. Bei allen anderen öffenlichen Stellen suchen wir Buch für Buch an, sei es beim Bundesministerium oder in den Bundesländern, aus denen die Autoren stammen oder wo sie leben. Das Land Oberösterreich fördert flächendeckend alles an Literatur sehr gut im Moment. Finanziert wird auch etwa die Teilnahme oberösterreichischer Verlage an der Frankfurter Buchmesse mit einem Gemeinschaftsstand, das ist etwas, was es unseres Wissens in keinem anderen Bundesland gibt. Bis jetzt haben wir so kalkuliert, daß wir die Ausgaben abdecken können, das genügt auch. Man muß dazu sagen, wir leisten vieles selber, zum Beispiel die Setzarbeiten, und wir leben nicht davon. Wichtig ist uns unsere Unabhängigkeit, weil wir zum Teil radikal positionierte Literatur veröffentlichen, es geht nicht nur um den Verkauf. Ich habe schon die Unbescheidenheit zu sagen, es geht darum, einen Beitrag zur Literaturgeschichte zu machen.