märz 1999

Didi Neidhart

Männer gegen Männergewalt

Kritik an der neuen Männer-Beratungsstelle

Mit der »Kontakt- und Beratungsstelle Männer gegen Männer-Gewalt - Salzburg« gibt es seit Anfang Februar in der Mozartstadt die österreichweit erste Einrichtung, an die sich gewalttätige Männer wenden können. Die jährlichen Kosten dafür betragen 800.00 Schilling, die je zur Hälfte vom Bund sowie von Stadt und Land Salzburg aufgebracht werden. Dem vorausgegangen war die zwischen Dezember 1996 und Mai 1997 veranstaltete und von LHStv. Gerhard Buchleitner (SPÖ), Vzbgm. Heinz Schaden (SPÖ) sowie den jeweiligen Frauenbüros in Land und Stadt Salzburg initiierte Kampagne »Gewalt in der Familie«. Neben der opferorientierten »Interventionsstelle«, die ebenfalls ein Ergebnis der »Gewalt in der Familie«-Kampagne darstellt und als Drehscheibe zwischen Betroffenen, Gericht und Polizei fungiert, besitzt Salzburg nun also auch eine täterorientierte Einrichtung zur Gewaltberatung für Männer. Ein Umstand, der eigentlich für alle mit der Thematik »Gewalt in der Familie« konfrontierten Parteien begrüßenswert scheint.

Jedoch gab es schon im Vorfeld der ersten Überlegungen zur Errichtung einer Beratungsstelle für gewalttätige Männer kritische Einwände sowohl von Frauen- wie auch von Männerorganisationen (u.a. Interventionsstelle, Frauenhaus, Friedensbüro, Verein »Unabhängige Männerberatung), die sich vor allem an der geplanten Adaption des seit 1996 existierenden sogenannten »Hamburger Modells« entzündeten (was sogar soweit führte, daß nach dem freiwilligen Auscheiden des Salzburger Erziehungswissenschaftlers Edgar J. Forster der Trägerverein der Beratungsstelle mit keiner Person aus Salzburg besetzt ist). Auch der »kunstfehler« fragte im Mai 1997: »Wie können Männer innerhalb der patriarchalen Strukturen gegen Gewalt agieren?« Beim »Hamburger Modell« werden unter der Hauptprämisse »Solidarität mit den Tätern bei gleichzeitiger Verurteilung der Tat« Männern, »die aus ihrem individuellen Gewaltkreislauf aussteigen wollen«, Beratungen und Therapien angeboten. Wobei grundsätzlich von einer Selbstverantwortung und Freiwilligkeit seitens jener gewalttätigen Männer, die sich melden, ausgegangen wird und Konzepte einer »Konditionierung und Kontrolle« (wie sie etwa beim »Duluther Modell« in Form der Verbindung von Strafe und verpflichtendem Training praktiziert werden) kategorisch abgelehnt werden.

Diese eher »weiche Form« der täterorientierten Gewaltarbeit, so Renate Hojas von der Interventionsstelle, sei aber nicht der einzige Kritikpunkt gewesen. Es gehe auch um die entpolitisierte und individualpsychologische Ausrichtung des »Hamburger Modells«, bei dem es keine gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen mit struktureller Gewalt und den ungleichen Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen als deren primäre Ursache gebe. Dies wäre in feministischen Gewalt-Diskursen immer wieder betont worden und fehle beim »Hamburger Modell« total. Auch würden keinerlei frauenpolitische Forderungen gestellt. Daher stelle sich für Hojas das »Männer gegen Männer-Gewalt« auch eher als wiederum »reiner Männerverein« dar, der sich um »Männer in individuellen Krisensituationen« kümmere, dabei jedoch gesellschaftspolitische Zusammenhänge ausblende.

Für Harald Burgauner, seit 1996 in der Männerberatung tätig und momentan noch einziger Mitarbeiter in den Räumlicheiten der Salzburger Beratungsstelle, sind diese Einwände zwar durchaus nachvollziehbar, nur würden die Erfahrungen in Hamburg genau diesem Modell Recht geben. Männer, die sich - meist nach extremen Gewalteskalationen - freiwillig melden, könnten auch nicht mit Vergünstigungen bei Behörden oder Gericht rechnen. Zudem müsse erst die Sicherheit für die Opfer gewährleistet sein, bevor mit einer Therapie begonnen werden könne. Nur eine erweiterte Kenntnis der Täterperspektive könne einen wirklich effektiven Beitrag zum Opferschutz gewährleisten. Das Risiko von Rückfällen und Wiederholungstaten könne dabei zwar nie vollkommen ausgeschlossen werden, jedoch betrage der Anteil jener Männer, die erfahrungsgemäß bleiben und die Theraphie nicht abbrechen, immerhin zwischen 30 und 50 Prozent. Für das erste Jahr und angesichts von 95 polizeilich angeordneten Wegweisungen gewalttätiger Männer aus Wohnungen und Häusern im Jahr 1997 in Salzburg rechne er daher mit circa 50 Männern, die die Angebote der Beratungsstelle in Anspruch nehmen dürften. Im Endeffekt könne Gewalt jedoch nur von den betroffenen Männern selber verhindert werden. »Opfersicherheit«, so Burgauner, »kann nur der Täter gewährleisten.«

Das von Vzbgm. Schaden bei seiner Eröffnungsrede vorgeschlagene »Ende des Methodenstreits« bis zur Veröffentlichung empirischer Datenerhebungen nach dem ersten Probejahr der Beratungstelle wird sich jedenfalls nicht so schnell einstellen. Auch deshalb, weil die beim »Hamburger Modell« praktizierte Methode zur Evaluierung etwaiger Beratungs- und Therapieerfolge bei gewalttätigen Männern ausschließlich auf Täterbefragungen beruhe, so Hojas. Das erkläre auch die relativ hohe »Erfolgsbilanz« des »Hamburger Modells«. Ohne adäquate Opfer- und Umfeldbefragung seien daher keine gültigen Aussagen über den realen Erfolg einer Beratung/Therapie bzw. über den von den betroffenen Männern wirklich praktizierten Gewaltverzicht möglich. Immerhin muß auch davon ausgegangen werden, daß bei einer reinen Täterbefragung der Wahrheitsgehalt der Antworten nicht gegengeprüft werde. Immerhin habe LHStv. Buchleiter, mit dieser Problematik konfrontiert, versprochen, gegebenenfalls auch andere Evaluierungsmethoden in Betracht zu ziehen. Jetzt, so sind sich jedenfalls alle Parteien einigen, gehe es jedoch darum, zu sehen, wie sich die »Kontakt- und Beratungsstelle Männer gegen Männer-Gewalt - Salzburg« im »ersten Probejahr« (Burgauner) bewähre und welche realen Veränderungen in Sachen männliche Gewalttäter/Gewalt in der Famile zugeschrieben werden können.

»Kontakt- und Beratungsstelle Männer gegen Männer-Gewalt - Salzburg«, Ernest Thun Straße 7, A-5020 Salzburg, Tel.: 0662/883464, Fax: 0662/883463,

e-mail: gewaltberatung.mgm@salzburg.co.at, Telefonische Anmeldung zur Beratung: Mo, Do: 9 - 12 Uhr, Di, Mi: 17 - 20 Uhr