märz 1999

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Gegen die »Mozart- und Marterlkultur«

Cyriak Schwaighofer – ehemaliger ÖVP-Gemeinderat, derzeit Grüner Vizebürgermeister in Goldegg, im »kf«-Gespräch

Eine blöde Frage: Warum tut sich jemand jetzt noch eine Kandidatur für die Grünen an?

• Als nach den Streitigkeiten innerhalb der Bürgerliste-Land die Gefahr drohte, daß es zu einer Spaltung kommen und damit die Chance auf eine weitere Vertretung der Bürgerliste im Landtag zunichte gemacht würde, habe ich mich gemeinsam mit anderen Grün-Bewegten intensiv für Gespräche und einen Kompromiß eingesetzt. Im Zuge dieser Vermittlung wurde die Bitte an mich herangetragen, mich, da von den Querelen nicht belastet, zur Verfügung zu stellen.

Neben meiner Überzeugung, alles unternehmen zu müssen, daß im Landtag die Oppositionsrolle nicht der FPÖ allein überlassen werden dürfte, hat sicherlich auch die Aussicht, im kulturpolitischen Bereich gestaltend mitwirken zu können, meine Entscheidung mitgeprägt.

Wie geht’s weiter mit dem Kulturverein Schloß Goldegg?

• Ich bin derzeit Geschäftsführer des Kulturvereins Schloß Goldegg und damit Angestellter des Vereins. Im Falle eines Einzugs in den Landtag möchte ich trotzdem - wenn auch wahrscheinlich nur mehr zu einem geringeren Teil - weiter im Verein mitarbeiten, weil das «Kulturzentrum Schloß Goldegg« - ohne unbescheiden sein zu wollen - doch irgendwie mein «Kind« ist und ich mich nicht ganz davon ablösen will. Ich bin im Gegenteil überzeugt, daß der notwendige äußerst sparsame Umgang mit Ressourcen und die Erfahrungen im Projektmanagement auch sehr positive Auswirkungen auf die Arbeit im Landtag haben kann.

Welche Rolle wird die Kulturpolitik bei den Grünen im Landtag in Zukunft spielen?

• Nachdem ich aus meiner eigenen Arbeit überzeugt bin, daß Kultur immer mehr zur “Querschnittsmaterie« werden wird, halte ich es sogar für fast notwendig für eine Partei, in diesem Bereich kompetent besetzt zu sein. Wenn Salzburg immer wieder als das “Kultur-Land« apostrophiert wird, so ist es geradezu unverständlich, wie wenig bisher darauf geachtet wurde, ausreichend kulturpolitisch versierte und engagierte Vertreter im Landtag zu haben. Gleichgültig, ob man eine Betrachtungsweise wählt, in der “Kultur als Standortfaktor« Bedeutung verliehen werden soll, ob man einen sozio-kulturellen Ansatz wählt, in dem Kultur einen immer wichtigeren Beitrag gegen die zunehmende Entsolidarisierung in der Gesellschaft zu leisten hat, ob man Kunst und Künstler als wichtige Seismographen gesellschaftlicher Entwicklungen sieht oder einfach Kunst durchaus etwas Überflüssiges bleiben darf, was freilich dann bedeutet, daß man für den Überfluß ja lebt - Kultur und Kulturpolitik brauchen in jedem Fall theoretische Reflexion und klare Zielbestimmungen. Diese Diskussion fehlt in der aktuellen Salzburger Kulturpolitik weitgehend, der »kunstfehler« ist hier die unverzichtbare Ausnahme.

Die Grünen haben in ihrem Programm »Zukunftsfähiges Salzburg« in zahlreichen Expertengesprächen eine Reihe von Vorschlägen entwickelt:

- Erhöhung statt Senkung des Kulturbudget-Anteils am Gesamtbudget des Landes

- Stabilisierung kontinuierlich tätiger Kultureinrichtungen durch mittelfristige Finanzierung unter Berücksichtigung ihrer realen Aufwände

- Optimierung der Kulturförderung durch Entwicklung adäquater und transparenter Förderkriterien und Vergabemodi

- Deutlich bessere Dotierung des sog. »Innovationstopfes« für neuartige, unkonventionelle Projekte

- Finanzielle Förderung von Kooperationen und Vernetzung auf Landes- und Regionalebene, v.a. auch zwischen unterschiedlichen Kultursparten - Unterstützung von Aktivitäten zu einer aktuellen kulturtheoretischen und -politischen Diskussion usw.

Persönlich halte ich die Förderung von Kooperation und Vernetzung - regional und genreübergreifend - für ein besonders dringliches Anliegen, weil Künstler und Initiativen sich als Einzelkämpfer zusehends an den Rand gedrängt sehen und sowohl die kulturpolitische Debatte wie auch der Kampf um entsprechende Mittelausstattung für die Kultur solidarisch leichter zu bewältigen sind. Viel deutlicher zu artikulieren ist auch das wachsende Unbehagen weiter Kulturkreise über die von konservativer Seite immer deutlicher hervortretende Reduzierung des Kulturbegriffes auf eine “Mozart- und Marterlkultur«.

Danke für das Gespräch