herbst 2004

Paul Pirker
geschaut

Die Glokalisierung der ARGEkultur

Welche Akzente die Städtepartnerschaft Salzburg – León (Nicaragua) mit dem Einzug in den Neubau setzen möchte.

Mit der Städtepartnerschaft Salzburg – León ist es wie mit der ARGEkultur: Ohne den politischen Willen der Stadt gäbe es beide nicht. Und ohne den permanenten Nachweis der eigenen Existenzberechtigung würden beide Einrichtungen entweder abgedreht oder zum Federl am Hut öffentlicher Kulturverwalter verkommen. Eine lebende Stadt muss sich Plätze der Freiheit für kulturelle und politische Innovation leisten, z. B. die ARGEkultur; und intelligente KommunalpolitikerInnen wissen, dass Salzburg jenseits vom Speckgürtel auch Teil einer Welt voller Pulverfässer ist, die entschärft gehören, z. B. mit einer Städtepartnerschaft.

Die Städtepartnerschaft Salzburg – León ist eine lokale Initiative mit dem Anspruch, Antworten auf die globalen Herausforderungen zu suchen und mit möglichst vielen BürgerInnen unserer Stadt aktiv und konkret etwas für eine weniger grausliche Welt zu tun.

Heuer ist die Städtepartnerschaft 20 Jahre alt geworden. Damals war Nicaragua ein Land voller Hoffnung: eine fünf Jahre junge Demokratie nach der 79er-Revolution zur Beseitigung der vorherigen Diktatur. Beeindruckend, dass innerhalb kurzer Zeit die Analphabetenrate von 60 auf zwölf Prozent gesenkt wurde. In einem solchen Land machte das Projekt eines Schulbaus Sinn. Heute steht die schönste öffentliche Schule Nicaraguas in León, sie heißt „Hermanos de Salzburgo“. Eine Schule für 1000 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren.

In der Zwischenzeit – der zehn Jahre dauernde Terrorkrieg der USA gegen Nicaragua zermürbte die Menschen und änderte die Machtverhältnisse – hat die Bildung als Priorität zugunsten der Korruption abgedankt. Unter der Fuchtel der Weltbank und des Welt-Währungsfonds streichen sie das Unterrichtsbudget unter das Existenzminimum.

Die Analphabetenrate stieg trotz unserer schönen Schule wieder auf ca. 50 Prozent. Wieder Groschensammeln für eine weitere Schule? Entwicklungspolitik ist mehr als Geldaufreißen für Projekte. Dieses Mehr soll in der neuen ARGEkultur stattfinden, die Rahmenbedingungen thematisierend: Weltbank, Währungsfond, Neoliberalismus, die öffentliche Entwicklungshilfe. Und all dies weiterhin im Kontext mit unserer konkreten Zusammenarbeit mit der Partnerstadt León.

Paul Pirker