herbst 2004

kurzfehler

kurzfehler

Der Verein "Männer gegen Männergewalt" kann von feministischer Seite her zwar nicht völlig unkritisch betrachtet werden. Die heuer gerade noch einmal abgewehrte Halbierung der Subventionen (kurioserweise durch eine gemeinsame Initiative von Grünen und FPÖ gegen SPÖ-Bürgermeister Schaden) wie die Aussicht, dass 2005 von Seiten der Stadt überhaupt kein Geld mehr für den Verein vorgesehen ist, lassen dennoch gewisse Schlüsse (auch „männerpolitische“) zu.

Soziale Präventions- und Betreuungseinrichtungen, die sich mit Gewalt beschäftigen, werden finanziell ausgehungert, und gleichzeitig werden immer mehr polizeilich-exekutive Kontroll- und Schutzaufgaben (auch solche, die Frauen schützen und gewalttätige Männer kontrollieren sollen) an Private ausgelagert – deren Verhältnis zu Männer und Männergewalt kann sich jede/r an den dort beliebten Bärten, Skinheadfrisuren und Kampfhunden selber ausrechnen. Ach ja: Das Land (jetzt auch rot, also „sozial“-irgendwas) plant Einsparungen bei örtlichen Jugendzentren von bis zu 80 Prozent!

-christa-

„political correctness“ ist schon ein Spaßverderbungs-, Kulturzerstörungs- und Traditionsvernichtungs-Faktor sondergleichen! Da wird vor nichts halt gemacht! Auch vor dem gerade 80 Jahre alt gewordenen „Meinl-Mohr“. Denn, was lesen wir: „In Amerika ist der Mohr aus Gründen der ‚political correctness‘ übrigens golden.“ (Salzburger Nachrichten vom 26.6.2004) Da fragen wir uns schon, wie so was heutzutage noch möglich ist. Wohl zu viele Negerküsse verzehrt? So was kann ja zu Kopf steigen. Oder sehen wir das wieder mal zu eng? In Hans-Hass-Büchern wie „Unter Korallen und Haien“ wird ja auch immer noch die Geschichte von der 1941 in der Karibik getätigten Jagd nach dem „Judenfisch“ nacherzählt.

-didi-

Fernsehen bildet, Teil 1: „Salzburg ist 1709 baulich fertig.“ Der Salzburger Domkonservator, dem wir diesen Satz in einer Festspielstadt-Dokumentation über das „Rom des Nordens“ und die damit verbundene „Würde des Ortes“ zu verdanken haben, weiß wovon und in welchem Geiste er spricht. Weil, so der kirchliche Architekturexperte, nach dem Barock seien ja nur noch Grauslichkeiten gekommen. Aha, also Mozart, die Aufklärung und so.

Was Wunder also, wenn immer wieder gemutmaßt wird, dass sich die Mozart-Stadt, „die im Grunde die kunst- und geistesfeindlichste ist, die man sich denken kann, ein stumpfsinniges Provinznest mit dummen Menschen (...) die mit ihrem Stumpfsinn alles abtöten, das noch nicht so ist wie sie.“ (Thomas Bernhard: Der Untergeher, 1983,) auch geistesgeschichtlich seit 1709 nur noch wenig bewegt hat. Und seien wir uns ehrlich – es gibt nichts Hassenswerteres als jahrzehntealten Thomas Bernhard-Sätzen immer noch recht geben zu müssen.

-didi-

Fleißaufgaben: Nach Bekanntgabe von Bürgermeister Heinz Schaden und Stadtrat Martin Panosch (beide SPÖ), dass im Bereich der Stadt Salzburg homosexuelle LebensgefährtInnen beim Mietrecht sowie bei der Pflegefreistellung künftig gleichbehandelt werden sollen, erkannte die Homosexuelle Initiative (HOSI) Wien, dass es „salzburgelte“: „Die lesben- und schwulendiskriminierende Auslegung des Mietrechts durch den OGH wurde im Juli 2003 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg als Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention eingestuft, und Österreich wurde deswegen verurteilt, Seither haben gleichgeschlechtliche LebensgefährtInnen ebenfalls das Recht, in den Hauptmietvertrag ihres verstorbenen Partners bzw. ihrer verstorbenen Partnerin einzutreten.

Das gilt sowohl für den privaten Wohnungsmarkt als auch für Gemeindewohnungen. Es ist daher nicht mehr notwendig, dass einzelne Städte oder Gemeinden hier Lesben und Schwulen ein besonderes Recht einräumen müssen.“

-koba-

Studio West goes East, pt III

Dokumentar- und Kurzfilme des „Ostens“ – Schwerpunkt Polen.

Der Salzburger Verein freier Film- und Videoschaffender „Studio West“ rückt in seiner dritten Ausgabe von „Studio West goes East“ Polen in den Mittelpunkt der Veranstaltungsreihe. Gezeigt werden Dokumentar- und Kurzfilme, unter anderem solche der Regisseure Kryzysztof Kieslowski und Lech Kowalski. Das Dokumentarfilmgenre hat in Polen eine langjährige Tradition mit enormer Breitenwirkung.

Dies geschah vor allem durch Kurzfilme, die vor den eigentlichen Kinofilmen liefen. Die Länge eines „Vorfilmes“ war auf 20 Minuten beschränkt. Eine Eigenschaft, die von den FilmemacherInnen eine inhaltliche sowie ästhetische Konzentration und Präzisierung erforderte.

Tipp: 11.–13. November: Das Kino (Eröffnungsabend)/Galerie 5020 (Festivaltage); nähere Infos: www.studio-west.net

-jes-

Sie macht nichts als Probleme: Die deutsche Rechtschreibung. Bestenfalls taugt sie dazu, den Schriftführern vom Hauptstrom über die üblen Sommerlöcher hinwegzuhelfen. Mit allerlei überflüssigen Buchstabenverbindungen wird da ein ermüdender Kulturkampf ausgetragen, den dann nach Öffentlichkeit heischende Geistesarbeiter zur eigenen Seelenmassage nutzen. „Reform“, „Gegenreform“, „Reformreform“, „Sprach- identität“ heißen die Kampfbegriffe. Wie die blitzgescheiten Sprachkameraden von der endgültigen Satirezeitschrift „Titanic“ kehrt aus Protest demnächst auch der »kunstfehler« zur „gantz, gantz alten Rechtschreibung“ zurück. Die Wirklichkeit draußen auf den Schlachtfeldern der Worte und im täglichen Papierkrieg schaut anders aus. Die Menschen schreiben inzwischen in verschiedenen Rechtschreibungen – und das oft innerhalb eines Wortes: alt, neu, ganz alt, uralt, zukünftig. Jürgen Roth hält zur rechten Schreibweise in „Konkret“ fest, dass „die für achtundneunzigkommadrei Prozent der Deutschen ein Buch mit hundert verrosteten Siegelschlössern ist“. Für die restlichen Promille samt den Taferlklasslern (soviel Alt-Österreichisch darf schon sein) sollten aber verbindliche Regeln gelten. Sonst hat nämlich die Sprachpolizei dienstfrei.

-doc-