august-september 2004

Thomas Randisek

„Zum Erfolg verdammt“

Saalfelden restarted – ein »kunstfehler«-Gespräch mit Michaela Mayer und Mario Steidl, die seit April 2004 das Kunsthaus Nexus sowie das Jazzfestival Saalfelden leiten

»kunstfehler«: Wie schauen die Arbeitsbedingungen für das anstehende Jazzfestival aus, wird das ein „Tango an der Wand“?

Michaela Mayer: Im Moment stellt sich die finanzielle Situation noch prekär dar. Uns fehlen noch die Förderzusagen von Bund und dem Landesjugendreferat – insgesamt rund 35.000 Euro. Sollte das Festival heuer nicht mit „plus minus Null“ bilanzieren, werden Stadtgemeinde und Tourismusverband aus der Gesellschaft aussteigen – dann gibt es das Festival in dieser Form nicht mehr.

»kunstfehler«: Wie hoch ist der Schaden?

Mario Steidl: Die konkrete Schadenssumme wird immer noch errechnet,

wir gehen von einem Schaden von insgesamt rund 350.000 Euro aus.

Es gibt ein Sanierungsbudget, das durch das große Entgegenkommen der Gläubiger gewährleistet werden konnte.

»kunstfehler«: Wie ist die derzeitige personelle Konstellation?

Mayer: Wir haben beide einen Vertrag als Geschäftsführer der Jazzsaalfelden GmbH, Geschäftsführer des Nexus ist Wolfgang Hartl, wir beide betreuen das Nexus aber künstlerisch und organisatorisch mit.

»kunstfehler«: Ändert sich heuer durch eure künstlerische Betreuung etwas am Inhalt des Festivals?

Steidl: Trotz der kurzen Vorbereitungszeit, die wir beide seit April hatten, bemühen uns um den Qualitätserhalt, die „persönliche Note“ kann sich aber erst über den Lauf von mehreren Jahren entwickeln. Die einzige Änderung ist, dass es ein Konzert weniger gibt. Am Samstag finden nur mehr fünf statt sechs Konzerte satt.

Mayer: Einerseits um einzusparen, andererseits wurden den Besuchern die sechs Konzerte en bloc zu viel. Das geht zu Ungunsten der Aufnahmefähigkeit. Die „shortcuts“ wird es in einer abgespeckten, dafür in ihrer ursprünglichen Form geben. Es gibt am Donnerstag und Freitag „short cuts“ jener Bands, die beim Festival spielen. Entweder um zu improvisieren oder ein eigenes Projekt vorzustellen. Am frühen Nachmittag beginnen dann die Festivalkonzerte im Zelt.

»kunstfehler«: Wie seht ihr die Zukunftschancen eines reinen Jazzfestivals – zur Zeit gibt es ja eine riesige Menge an Festivals, die eine Mischung an Pop, Rock aber auch Jazzelementen anbieten. Wie wollt ihr euch positionieren?

Steidl: Die Intention des Festivals war immer, die Neuerungen auf dem Gebiet des Jazz als Gesamtes zu präsentieren. Seien es die Zugänge aus der Klassik, dem Rock, der neuen elektronischen Musik oder dem Folk – natürlich gepaart mit der Tradition des Jazz.

Was sicher nicht passieren wird, ist dass wir eine „Populärschiene“, also den rein kommerziellen Zugang, einführen.

Diese Schiene wird ja – auch berechtigt – beim Jazzfestival Wiesen oder in jeder größeren Stadt schon bedient.

»kunstfehler«: Wie wird sich eure Tätigkeit beim Jazzfestival auf die Programmatik des Kunsthaus Nexus auswirken?

Mayer: Das Programm der letzten Monate stammte noch von Gerhard Eder. Natürlich sind wir bezüglich Jazzkonzerten auch der Geschichte des Hauses und dem „Zentrum Zeitgenössischer Musik“ (dem Betreiberverein) verpflichtet.

Es fehlt auch für die Programmierung des Nexus Geld, die Situation ist derzeit extrem, wir wissen bis jetzt noch nicht, wie wir im Herbst über die Runden kommen werden. So wie es momentan aussieht, haben wir kein Geld für Veranstaltungen.

»kunstfehler«: Geldmittel vorausgesetzt – wo werden eure Schwerpunkt im Mehrspartenhaus Nexus liegen?

Mayer: Wir wollen das Musikspektrum erweitern, etwa mit einer Reihe „heimspiel“ für lokale Bands, Jazzkonzerte sollen nach wie vor stattfinden. Und dann haben wir noch zwei Partnervereine im Haus, eine Theatergruppe und VAUST, deren Schwerpunkt im Bereich Literatur liegt.

Steidl: Wir sind ein öffentlich gefördertes Haus mit Kulturauftrag, wir müssen unsere Basis verbreitern, noch mehr Menschen als jazzorientiertes Publikum ansprechen, hier versuchen wir eine neue Jugendschiene aufzubauen. Der „Club Nexus“, also die DJ-Schiene, läuft ja bestens, zieht aber leider immer wieder Verwüstungen und Diebstahl nach sich. Um dem Problem Herr zu werden, bräuchte man mindestens zehn Personen vom Security Personal – das ist aber auf Dauer nicht leistbar. Angesichts dieser Probleme setzen wir da auf ein Publikum, das „20plus“ ist – inklusive anderem Sound.

Mayer: Was die Filmschiene betrifft, ist die Kooperation mit „Das Zentrum, Radstadt“ leider beendet worden, wir machen das mit DAS KINO nun direkt.

»kunstfehler«: Weitere Kooperationen?

Steidl: Hier müssen wir uns noch ein eigenes Netzwerk aufbauen. Etwa mit dem „Sägewerk“ in Bad Hofgastein oder dem „cineteatro“ in Neukirchen.

Ob das bei einer gemeinsamer Öffentlichkeitsarbeit bleibt oder darüber hinausgeht, wird sich zeigen.

Mayer: Wir haben auch eine klassische Schiene entwickelt, eine Kooperation mit dem Mozarteum in Salzburg. Der Anfang war schon mal vielversprechend, da haben wir aber noch Aufbau- und Vermittlungsarbeit vor uns.

»kunstfehler«: Und wie sieht es mit der Galerie aus?

Mayer: Wieder die Frage des Budgets. Der Ausstellungsraum wird von Christoph Feichtinger kuratiert, der die Arbeit auch weiter machen wird. Sicher ist die Architekturausstellung im Herbst, die von einem Workshop begleitet wird.

»kunstfehler«: Trotz der widrigen Umstände – macht da die Arbeit noch Spaß?

Steidl: (lacht) Mir geht’s nach wie vor so, dass ich in der Früh aufstehe und mich auf die Arbeit freue. Man ist an uns herangetreten, hat uns den Sachverhalt erklärt – mit dem Zusatz: „Wenn ihr’s nicht macht, gibt’s kein Festival – wir können niemanden einsetzen, der mit den Strukturen nicht vertraut ist.“

Mayer: Wir haben zwei Wochen überlegt und angenommen. Diese Herausforderung ist für mich die treibende Kraft.

»kunstfehler«: Danke für das Gespräch.