august-september 2004

Thomas Neuhold

„Kultur ist Verschubmasse“

Der Rauswurf von Elisabeth Promegger aus der VP-Fraktion ist auch Zeichen einer Grundstimmung.

Es gibt Jobs, die möchte man – bei allem Schmerzensgeld der Welt – nicht einmal geschenkt: VorkosterIn bei Mc Donalds beispielsweise. Knapp dahinter im Ranking: KultursprecherIn einer Gemeinderatsfraktion in der Landeshauptstadt. Binnen Jahresfrist haben gleich vier KulturpolitikerInnen aufgegeben oder wurden „unehrenhaft“ entlassen:

• Silvia Kronberger hatte bereits im September vergangenen Jahres das Handtuch geworfen und auf eine Wiederkandidatur für die Bürgerliste verzichtet.

• Die Sozialdemokratin Theresa Liegle hat 2003 in einer Aussendung die Anhebung des Kulturbudgets gefordert. Diesen Versuch, neben Kulturressortchef SP-Bürgermeister Heinz Schaden eigenständige Positionen zu beziehen, hat Liegle politisch nicht überstanden.

• Alfred Winter war 1999 als (anfangs) parteifreie Wiedergutmachung nach der unseligen Ära Josef Dechant in die VP-Riege geholt worden. Er gab kurz vor den Wahlen im März dieses Jahres auf.

• Und jetzt Elisabeth Promegger: Die mit der Rolle der Maria beim Adventsingen populär Gewordene wurde als „Stimme für die Kultur“ auf die schwarze KandidatInnenliste geholt. Kaum war die Wahl geschlagen, wurde der Kulturjournalistin von VP-Stadtvize Karl Gollegger die nur notdürftig schwarz übermalte, kulturpolitisch völlig unbeschlagene ehemalige FP-Funktionärin Susanne Seyr als Kulturausschussvorsitzende vorgezogen.

Die parteilose Promegger erwies sich als Steherin und setzte sich unmittelbar nach diesem Affront gegen die Fraktion für eine Bewerbung Salzburgs um den Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2009“ ein. Und sie kritisierte die Planungen für das Mozartjahr 2006 als „wenig nachhaltig“. Das war genug: Promegger sei „nicht konstruktiv und lähmt uns in unserer Arbeit“, meinte Harald Preuner. Der VP-Gemeinderatsklubchef setzte sie – nur rund vier Monate nach den Wahlen – unsanft vor die Tür. „Die Kulturleute sind nicht unsere Wähler“, zitiert die Gefeuerte im »kunstfehler«-Gespräch Aussagen ihrer ehemaligen FraktionskollegInnen. Die nunmehr als „wilde“ Gemeinderätin tätige Promegger ist in erster Linie Opfer der Klientel-Politik geworden. Ein höchst merkwürdiges Politikverständnis: Gehen die VP-Stammwähler nicht besonders häufig ins Theater? Verdienen die Kaufleute nicht besonders gut am zahlungskräftigen Kulturpublikum? Dass die Volkspartei meint, „de Kuitua“ interessiere ihre WählerInnenschaft nicht, hat freilich auch etwas mit einer Salzburger Grundstimmung zu tun. (In anderen Städten Österreichs würde dies der ÖVP nie einfallen.)

Ein aktuelles Beispiel für diese Grundstimmung ist auch „Mozart 2006“. Während man in Stadt, Land, Arbeiter- und Wirtschaftskammer schon jetzt für die Bewerbung um die Winterspiele 2014 neuen Anlauf nimmt, wurde die Generalsekretärin von „Mozart 2006“, Inge Brodil, in Budgetfragen Ewigkeiten hingehalten. Es blieb ihr letztlich nicht viel anderes über, als aus Festspielen, Mozartwoche, eine Landesausstellung und einem inhaltlich nicht näher definierten „Avantgarde“-Spektakel ein Notprogramm für das Jubiläumsjahr zusammenzustoppeln. Auch Promegger hat übrigens auf dieses Problem wiederholt hingewiesen.

„Die Kulturstadt Salzburg ist in einer Identitätskrise“, beschreibt Promegger die Situation. Einerseits überschätze man sich als „heimliche Kulturhauptstadt Europas“, andererseits glaubten die politischen AkteurInnen „Kultur ist ein Selbstläufer“. Am deutlichsten hat einer der Chefverhandler bei der Bildung der rot-schwarzen Landesregierung den Stellenwert der Kulturpolitik bei den Regierungsverhandlungen diese Grundstimmung zusammengefasst: „Kultur ist Verschubmasse.“