august-september 2004

Sabine Jenichl

Kulturleitbild oder Kulturleidbild?

Nach einjähriger Workshop- und Ausschusstätigkeit, etlichen Einzelgesprächen und Expertenrunden sowie dem Kostenaufwand von 1,134 Millionen Schilling (82.411 Euro) war es am 4. Juli 2001 soweit: Das Kulturleitbild der Stadt Salzburg wurde vom Gemeinderat abgesegnet. Der kulturpolitische Ziel- und Maßnahmenkatalog mit Schwerpunkt „zeitgenössische Kunst und Kultur“ war beschlossene Sache.

Jetzt, drei Jahre nach Erstellung, scheint noch immer Bewegung im Spiel zu sein – zumindest beim ersten Hinsehen. So sollen, nach einer eher gewagten Schätzung von Ingrid Tröger-Gordon, Leiterin der städtischen Kulturabteilung, „70 bis 80 Prozent der Maßnahmen bereits umgesetzt worden sein“. Allen voran die „Reform der Mittelvergabe“ in Form der Vorverlegung der Auszahlung der Fördergelder um ein halbes Jahr. Als weiteren wichtigen Schritt nennt sie die „mittelfristigen Förderverträge“, die mit elf Salzburger Kultureinrichtungen auf drei Jahre geschlossen wurden. Beide Maßnahmen, „Reform der Mittelvergabe“ und „Mittelfristige“ werden prinzipiell auch von Seiten der Kultureinrichtungen als Erfolg gewertet. Was jedoch andere Maßnahmen anbelangt, treten Zweifel bei der Qualität der Umsetzung auf.

Spricht Tröger-Gordon „vom Ausbau der Serviceleistungen“, fängt die Mauer bereits zu bröckeln an. Einige der Maßnahmen wie „Internetauftritt“, „Jahresbericht“ oder „Kulturveranstaltungsplakat“ wurden realisiert, andere vernachlässigt oder einfach ausradiert. So stößt Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) mit der geplanten Einstellung des stadteigenen Magazins „stadt:leben“ nicht nur auf Unverständnis und Kritik, die Einstellung widerspricht schlichtweg dem Kulturleitbild. Tröger-Gordon bedauert diese Aktion und hofft, „dass in dieser Angelegenheit das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“ Gesprochen hingegen ist das letzte Wort in einer anderen Angelegenheit. Das städtische Kulturamt ist dem Sparstift bereits zum Opfer gefallen. Von einer „effizienteren Arbeit der Kulturverwaltung“ kann da wohl nicht mehr die Rede sein.

Kommt nun die Sprache auf die im Leitbild vorgesehene Dialogplattform, treten die ersten Mauerrisse zutage. Diesem Expertenkreis käme die für Kultureinrichtungen so wichtige Aufgabe zu, „Qualitätskriterien für Entwicklungs-, Ablauf- und Organisationsprozesse“ zu entwickeln. Lediglich drei Mal kam es zu derartigen Treffen, das letzte liegt länger als zwei Jahre zurück. Versprochene externe Evaluierungen wurden gleich gar nicht durchgeführt. Der im Leitbild ständig propagierten „Prozesshaftigkeit“ ist diesbezüglich vorerst ein Riegel vorgeschoben. Tröger-Gordon führt den Stillstand auf„das vergangene Wahljahr“ zurück, versichert aber, „den Kulturdialog ab Herbst wieder zu forcieren.“ Was aber nun gänzlich fehlt, ist ein externes Kontrollorgan. Geprüft wurden vom Salzburger Kontrollamt lediglich der Vergabevorgang bei der Erstellung sowie die Gebarung des Kulturfonds und die Vergabe der Gelder für das Jahr 2002. Vor kurzem ist die Prüfung für das Jahr 2003 angelaufen. Dass es bislang zu „keiner inhaltlichen Prüfung des Kulturleitbildes“ gekommen ist, bestätigt Peter Fröhlich, Leiter des Salzburger Kontrollamtes. Der Kulturfonds ist mit etwa 3,1 Millionen Euro veranlagt, die Ausschüttung erfolgt jährlich und bewegt sich, je nach Zinsentwicklung, zwischen 90.000 und 100.000 Euro. Gespeist wird der Pot mit Geldern der öffentlichen Hand. Der ursprüngliche Plan, aus der Privatwirtschaft Gelder zu lukrieren, ist kläglich gescheitert.

Nun soll auf Wunsch der ÖVP bis 2009 auch auf Landesebene ein Kulturleitbild erstellt werden. Nüchterner Kommentar aus dem Büro von Kulturlandesrat Othmar Raus: „Die SPÖ hat den Auftrag der ÖVP angenommen, wird die vorhandenen Ressourcen vernünftig einsetzen und peilt ein Ergebnis an, das tatsächlich umgesetzt werden kann.“