august-september 2004

kurzfehler

kurzfehler

Wien ist anders I: Mitte des Jahres hat die Stadt Wien ihren Rechnungsabschluss für 2003 präsentiert. Auffallendes Detail: Die Kulturausgaben der Gemeinde Wien sind vergangenes Jahr deutlich gestiegen. Wien hat im vergangenen Rechnungsjahr demnach über 191 Millionen Euro für Kultur und Wissenschaft ausgegeben. Veranschlagt waren ursprünglich nur 178 Millionen. Mehr Mittel als geplant sind in Wissenschaft und Forschung, bildende Kunst und in die Festwochen geflossen. Gesunken sind die Personalkosten.

-tom-

„Kunst im öffentlichen Raum“: Mit den Stimmen von SPÖ und Bürgerliste sowie der nunmehrigen „fraktionslosen“ Gemeinderätin Elisabeth Promegger wurde nach halbjähriger Vorbereitungsphase nun ein Beirat „Kunst im öffentlichen Raum“ installiert, der die Politik über die Aufstellung aller künftigen Kunstwerke im Stadtraum beraten soll. (siehe »kunstfehler« März/April 2004). Bestehende Kunstobjekte im öffentlichen Stadtraum bleiben allerdings von den Beiratsbeurteilungen – leider – verschont. Die ÖVP, die im Dezember 2003 noch für einen solchen Beirat eingetreten ist, lehnte diesmal die Zustimmung ab. Mit der Begründung gelang ein „historischer Spagat“: Salzburg verkomme zur „Beiräte-Republik“, sowie: „ Beiräte dienten ja schon in biblischen Zeiten nur zur Bedeckung von Blößen.“

-toemml-

Schlechte Zeiten für Freunde der bissigen und absurden Komik. Anfang Juli starben zwei Meister der Karikatur: Am 6. der 45-jährige Zeichner Bernd Pfarr nach langem Krebsleiden (siehe auch Wiglaf Drostes Hommage auf Seite 6). Am 8. mit 74 Jahren der Mitbegründer der legendären Satirezeitschriften „Pardon“ und „Titanic“ Chlodwig Poth, der sich selbst als „Berufsärgerer“ sah. Mit Zeichenfeder und Malstift kommentierte er ebenso kritisch wie selbstironisch den Wahnwitz der Welt. Egal ob antiautoritäre Bewegung der späten 60er und 70er („Mein progressiver Alltag“) oder die deutsche Gartenzwergkultur und Spießermentalität („Last Exit Sossenheim“).

-doc-

Am 1. Juli erlag der amerikanische Schauspieler Marlon Brando 80-jährig in Los Angeles einem Lungenversagen. Brando spielte in den 50ern ebenso zornige wie zerbrechliche junge Männer: In „Endstation Sehnsucht“ popularisierte er das zerrissene T-Shirt, in „Viva Zapata“ spielte er den mexikanischen Revolutionsführer, seine beste Rolle hatte er als Anführer einer Motorradgang an der Seite des großen Lee Marvin in „The Wild One“. Den unbeugsamen Nonkonformisten gab er nicht nur in „Die Faust im Nacken“, sondern auch im richtigen Leben. Er unterstützte in den 70ern die vom FBI mit allerlei dirty tricks verfolgte Bürgerrechtsbewegung der US-Ureinwohner (American Indian Movement). Aus Protest über deren triste Situation lehnte er einen Oscar ab.

Ein anderer Nonkonformist, der auf mysteriöse Weise früh verstorbene (und jetzt wieder „entdeckte“) deutsche Schriftsteller Jörg Fauser, verfasste 1978 eine Biographie, die jetzt im Berliner Alexander Verlag neu aufgelegt wird: „Marlon Brando. Der versilberte Rebell“.

Demnächst mehr dazu.

-doc-

Wien ist anders II: Der Verfassungsgerichtshof hat auf Betreiben von ÖVP und FPÖ zwar das Wiener Modell zum kommunalen Wahlrecht für AusländerInnen auf Bezirksebene gekippt, SP-Bürgermeister Michael Häupl hat aber umgehend neue Initiativen Richtung AusländerInnenwahlrecht angekündigt.

In Salzburg hingegen wurde, wie vom »kunstfehler« berichtet, nicht zuletzt auf Betreiben der SPÖ als Mehrheitsfraktion im Gemeinderat ein diesbezüglicher Antrag der Bürgerliste erst gar nicht behandelt.

Die Bürgerliste wollte – nach Linzer Vorbild – eine Resolution der Stadt an den Verfassungskonvent erreichen.

Die politische Mitbestimmung von MigrantInnen auf kommunaler Ebene bleibt damit weiterhin ein Thema für Sonntagsreden. AusländerInnenvertreterInnen befürchten nun, dass der Auftrag zur Erstellung eines Salzburger Integrationskonzeptes an ein SP-nahes Institut vergeben werden könnte und damit das Thema Mitbestimmung endgültig in den Schubladen verschwindet.

-tom-