februar 2004

Hans Lindenbaum
grausame orte

Amtsvorstand und Führungskraft

„Die Post bringt allen was“, heißt das flotte Sprücherl. Aber wann? In der Stadt Salzburg kam die Weihnachtspost diesmal im Idealfall zu Silvester. Der „Kultplan“, die Wandzeitung des Dachverbandes der Kulturstätten, war wochenlang verschollen. Theater- und Konzertveranstalter machen nun den Schaden geltend: Sie zahlten der Post und damit dem Monopolisten für den Briefverkehr schließlich Entgelt, ohne dafür die entsprechende Dienstleistung zu erhalten. Das, obwohl der Versand 2003 um 27 Prozent teurer geworden ist.

Sprichwörtliche Berge von Weihnachtspost füllten somit grausam gewordene Orte. Die Information, neun von zehn Briefen würden die Empfänger am nächsten Tag erreichen, wurde für Salzburger Kundinnen und Kunden zum Hohn. Denn Regionalleiter Johann Pesendorfer hatte just am 1. Dezember das Projekt „Distribution neu“ in Gang gesetzt. Mit „Zustellbasen“ soll noch billiger und schneller gearbeitet werden. „Die Verteilung ist mehr oder weniger zusammengebrochen“, weiß Franz Wallmann, ranghöchster Post-Betriebsrat im Bundesland, roter Gewerkschafter und soeben mitten im AK-Wahlkampf. Pesendorfer, seit Jahresanfang gar für 3000 Leute der Briefzustellung in Oberösterreich und Salzburg zuständig, scheiterte souverän – war sich aber nicht zu gut, das Rationalisierungsbummerl an jene Postlerinnen und Postler an der Basis weiterzuspielen, die ohnehin schon längst nichts mehr zu lachen haben. Wallmann attestiert solchem Einsparungs-Management Unfähigkeit und forderte Pesendorfer auf, sich für verbale Anwürfe gegen sein Fußvolk zu entschuldigen.

„Das Postfach bringt viele Vorteile“, stellt die Post im Flugblatt anheim. Zwischen 80 und 280 Euro pro Jahr kostet es, holen sich die Kunden Briefe und Zeitungen selbst vom Postamt ab. Zwei Vorteile fallen den Sprücheklopfern konkret ein – einer davon: „Ihre Postfiliale behandelt Ihre Post mit Priorität, damit Sie diese rasch zur Verfügung haben.“ Priorität – das bedeutet, dass Wochenendzeitungen, die am Samstag in Wien oder München erscheinen, am Montag im Postfach sind. Herbert Fritz, Leiter der Salzburger Postämter, weiß da auch nicht weiter: Er soll zwar darauf achten, dass die Sendungen ins teure Postfach kommen – aber wie sie bis dorthin kommen, dafür ist er „nicht zuständig“. Mag die Post noch so viel Schickimicki-Werbung inszenieren: Hinter der coolen Fassade entpuppen sich Führungskräfte als jene „Amtsvorstehungen“, die die „Österreichische Post- und Telegraphenverwaltung“ einst großgezogen hat.

Infrastrukturminister Hubert Gorbach und Post-Generaldirektor Anton Wais seien kürzlich im Briefzentrum Wien gewesen, um sich davon zu überzeugen, dass die dortigen Postler „auch mit den erhöhten Anforderungen in der Vorweihnachtszeit bestens zu recht kommen“. Hätten sie doch in Salzburg Itzling mitgeholfen, das Chaos des Josef Pesendorfer ein wenig zu verringern! Oder eben wegen mangelnder Führungsqualitäten so mit ihm zu verfahren, wie das im Zeichen der postmodernen Post-Moderne mit hunderten so genannter kleiner Leute geschieht, die sich auf ein kommodes Beamtenleben eingestellt haben und auf einmal knallhartem Neoliberalismus gegenüber stehen.