märz-april 2004

Doc Holliday
zu gast

The Sound Of The Melting Pot

Die Pyromanie ist ein Hobby, dem vor allem Feuerwehrleute verfallen sind. Zwar gehören die sechs Musiker der Band Firewater zur keiner einschlägigen Lösch- oder Zündler-Brigade, aber die Beschäftigung mit dem Element Feuer und seinen Konnotationen durchzieht das gesamte Werk der Band. Angefangen beim Namen, der die Gegensätze „Feuer“ und „Wasser“ verbindet – nebenbei natürlich den (nicht nur) Indsmen-Killer Schnaps treffend beschreibt – bis zum Titel ihrer aktuellen LP „The Man On The Burning Tightrope“. In Amerika bereits letztes Jahr veröffentlicht, erscheint die Platte hierzulande (wenn alles nach Plan verläuft) im März. Am Monatsanfang sollte dann auch gleich ein weiterer Tonträger in den Handel kommen, nämlich „Songs We Should Have Written“. Wenig verwunderlich spielt die Band darauf ausschließlich Coverversionen.

Von beiden Platten stammte der Großteil der Nummern, die Firewater am 5. Februar bei ihrem fulminanten Konzert in der ARGE zum Besten gaben. Der Bassist, Sänger und Mastermind der Band, Tod A. (bürgerlicher Name: Ashley), ist kein Nonntal-Novize. Schließlich gastierte er vor annähernd zehn Jahren bereits mit seiner Combo Cop Shoot Cop in der ARGE. Musikalisch liegen Welten zwischen der früheren und der aktuellen Band. Cop Shoot Cop fabrizierte Lärm zwischen Industrial und Hardcore, Firewater dagegen entziehen sich wegen ihrer Stilmischkulanz einer einfachen Kategorisierung. Nach der düster-aggressiven Grundstimmung der Texte der „alten“ Band kennzeichnen Tods Sarkasmus sowie seine beißende Ironie die Firewater-Lyrics. Den Songcharakteren, allesamt Verlierer und Spinner, geht es dreckig. Vergleiche mit Figuren aus den (literarischen) Welten von Bukowski oder Celine drängen sich auf.

Tod und seine fünf Kameraden kommen aus New York. In dieser faszinierenden Stadt wohnen nicht nur über sieben Millionen Menschen, sondern werden zudem mindestens 80 Sprachen gesprochen, und 170 ethnische Gruppen leben auf engstem Raum zusammen. Beeindruckende Fakten, die auch im Firewater-Sound ihren Niederschlag finden. Rock, Zirkusmusik, Film-Noir-kompatibler Cool Jazz, Klezmer-Punk, Gypsy-Brass-Anleihen, Vaudeville-Elemente, Mambo-Mutationen – das alles verschmilzt nur selten in einem Song, aber im Laufe des Sets zu einer ebenso eklektischen wie exzentrischen Stilmischung. Da steht der Alice-In-Chains-artige Rocker neben der hatscherten Tom-Waits-Polka, die Bläser-Intros klingen oft nach den jamaikanischen Studio-One-Einspielungen. Was aber am meisten fasziniert, ist die unüberhörbare Spielfreude, mit der diese Musik auf der Bühne zelebriert wird, und mit welcher Leichtigkeit die disparaten Sounds umgesetzt werden.