märz-april 2004

Gabriele Gerbasitz

Wählerverträglichkeitsprüfung

PolitikerInnen wollen gewählt werden. WählerInnen wollen bedient werden. KünstlerInnen wollen Dinge sichtbar machen, oft auch solche, die PolitikerInnen und WählerInnen gar nicht sehen wollen. Deshalb war es wohl auch notwendig, die „Freiheit der Kunst“ verfassungsmäßig zu verankern. Nun strebt die Salzburger Stadtregierung die Schaffung eines Fachbeirates für „Kunst im öffentlichen Raum“ an. Jedoch nicht zu dem Zweck, um die von der Stadt ausgeschriebenen Projekte künstlerisch zu bewerten, sondern um mögliche Störungen der städtischen Idylle zu vermeiden.

Es heißt daher im Amtsbericht des Magistrats: „Die Positionierung von Kunst im öffentlichen Raum entwickelt sich zunehmend zu einem diffizilen (kultur) politischen Thema, das die kommunalen Entscheidungsträger vor immer größere Herausforderungen stellt“, und man attestiert der Stadtbevölkerung „eine zunehmende Empfindlichkeit gegenüber künstlerischen Interventionen“. Dieser „Herausforderung“ sind die „Entscheidungsträger“ nun politisch nicht mehr gewachsen. Der Fachbeirat soll als Prellbock fungieren. Von ihm wird die Kunst in Hinkunft auf ihre Verträglichkeit geprüft.

Ein Fehler ist allerdings bei der Beiratszusammensetzung passiert. Da ja nicht über die Qualität eines Kunstprojektes befunden werden soll, sondern sein Zustimmungspotenzial erahnt werden muss, sind die vorgesehenen Beiratsmitglieder aus dem Kunstbereich fehl am Platz. Diese sollte eigentlich der ORF, der Tourismusverband und der Bauernbund entsenden. Der öffentliche Raum wird für die tonangebende Minderheit (wir wissen, dass die Regierungen von der Mehrheit der Bevölkerung NICHT gewählt wurden) reserviert und durch sie bestimmt. Wenn die Kunst zurückgedrängt wird ins Private wird der Diskurs um ihre Inhalte entpolitisiert. Das Ziel der Entpolitisierung der Gesellschaft und damit ihrer Entdemokratisierung kann auf vielen Wegen erreicht werden. Die Ausschaltung von Öffentlichkeiten ist einer der erfolgversprechendsten.

Mit Interesse werden wir beobachten, wer sich zum/zur Erfüllungsgehilfen/in dieser Politik machen lässt. Für jede/n im künstlerischen Feld Agierende/n kommt eine Berufung in den Fachbeirat einer Aufforderung zur Zensur gleich und ist daher nur mit einem Boykott zu beantworten. Doch wie lässt Umberto Eco Baudolino sagen: „Das Bestreben der Menschen, gefällig zu sein, läßt jede geistige Blüte verwelken.“