november 2003

Didi Neidhart

Radiofabrik voll drauf!

Jetzt ist es endgültig offiziell! Der Landesenergiekonzern Salzburg AG steigt aus dem Regionalradiogeschäft aus. Nun brüten die Anwälte der Salzburg AG und des nichtkommerziellen Senders Radiofabrik noch über Detailfragen, der Kern der Abmachung ist jedoch so gut wie fix: Die Radiofabrik wird ab Jänner 2004 die gesamte Frequenz 107,5 Megahertz zur Verfügung haben und 24 Stunden senden. Was das nun konkret für die Arbeit, den Betrieb und die MitarbeiterInnen des Freien Rundfunks bedeutet, darüber unterhielt sich für den »kunstfehler« Didi Neidhart mit Wolfgang Hirner, dem Geschäftsführer der Salzburger Radiofabrik.

»kunstfehler«: Über was brüten die Anwälte genau? Das Übereinkommen zwischen den 50-Prozent-Partnern Salzburg AG und Radiofabrik soll fürs Erste ja noch bis Ende 2006 gelten?

Wolfgang Hirner: Kernpunkt des Vertrages ist, dass die Radiofabrik ab 1. Jänner 2004 die Sendzeit der Objektwerbung (Cityradio) übernimmt und erst mal befristet bis Ende 2006 24 Stunden sendet. Ab 2007 muss neu verhandeltwerden. Kurioserweise können wir seit Ende Oktober schon ganztätig senden, weil Cityradio den Betrieb eingestellt hat. Vorerst bringen wir aber tagsüber nur Musik und Veranstaltungstipps und am Abend unser gewohntes Programm. Bis Jänner wollen wir gemeinsam mit unseren SendungsmacherInnen ein neues Programmschema entwicklen.

»kunstfehler«: Was bedeutet die Vollfrequenz nun ganz konkret für die Radiofabrik?

Wolfgang Hirner: Konkret bedeutet dies, dass wir unser seit zehn Jahren verfolgtes Ziel, in Salzburg ein eigenes Radio der Zivilgesellschaft zu betreiben, erreicht haben. Aber auch, dass wir mit den gleichen Ressourcen doppelt so viel Programm machen werden. Aufgrund des technischen Fortschritts ist es relativ leicht möglich, Programme von anderen freien Radios in unser Programm aufzunehmen. Dies passiert hauptsächlich über Downloads von Audioportalen der Freien Radios in Deutschland und Österreich. Umgekehrt werden auch einige unserer Sendungen zwischen München und Husum ausgestrahlt. Die Zusammenarbeit zwischen den deutschsprachigen Freien Radios geht inzwischen so weit, dass täglich ein gemeinsames alternatives Infomagazin produziert wird. Die Radiofabrik liefert dafür zwar regelmäßig Beiträge, Koordinationsaufgaben können aufgrund der fehlenden Ressourcen aber nicht wahrgenommen werden.

»kunstfehler«: Werden bei euch auch Sendungen wiederholt?

Da Radio ein flüchtiges Medium ist, wollen wir gerade aufwendig produzierten Sendungen öfter die Chance geben, gehört zu werden. Beispiele sind die Sendungen von E-Bühne und Toihaus, die Dienstag abend und Samstag nachmittag ausgestrahlt werden. Im neuen Sendeschema werden voraussichtlich auch Musiksendungen wiederholt werden.

»kunstfehler«: Wie viele Sendungen und SendungsmacherInnen gibt es überhaupt?

Wolgang Hirner: Es gibt derzeit knapp 90 Sendungen und über 200 SendungsmacherInnen, die mindest einmal monatlich on air gehen. Richtige Freaks machen auch jede Woche eine Sendung, wobei die dann vom Zeitaufwand oft an ihre Grenzen stoßen. Man darf ja nicht vergessen, dass bei uns die SendungsmacherInnen nicht bezahlt werden, sondern im Gegenteil einen Mitgliedsbeitrag zahlen.

»kunstfehler«: Kann die Radiofabrik überhaupt 24 Stunden Programm machen?

Wolfgang Hirner: Selbstverständlich ist das möglich. Theoretisch könnten wir wie viele kommerzielle Radios über weite Strecken ein automatisiertes Musikprogramm abspielen. Die Frage ist aber, welchen Anspruch man an sich stellt. In unserem Fall entscheiden die SendungsmacherInnen maßgeblich über Qualität und Inhalt des Programms. Wir als Verein sorgen für Infrastruktur und Know-how und gestalten selber mit dem Radiofabrik-Magazin am Tag eine Stunde lang eine redaktionelle Sendung.

»kunstfehler«: Wo sind die Schmerzgrenzen?

Wolfgang Hirner: Wenn zwei Teilzeitbeschäftigte für über 200 Programmmacher zuständig sind, bewegt man sich an den Grenzen der Selbstausbeutung. Und wenn man sich für die Technik nur einen geringfügig Beschäftigten leisten kann, wundert man sich, dass der Sender trotzdem noch funktioniert. Das Studio im Container hat sicher ein gewisses Flair, aber wir freuen uns schonauf den ARGE-Neubau, weil wir dann im Sommer nicht mehr so grausam schwitzen müssen. Für die Raumsituation ist eine echte Lösung in Sicht. In finanzieller Hinsicht wird allerdings ein Quantensprung nötig sein. Da schon jetzt alle MitarbeiterInnen am Limit arbeiten, ist eine Budgetaufstockung unbedingt notwendig. Wir bräuchten zwei zusätzliche MitarbeiterInnen, um den 24-Stunden-Sendebetrieb mittelfristig zu sichern.

»kunstfehler«: Danke für das Interview.