november 2003

Fini Hollaus
grausame orte

Schuldnerberatung

Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben

Donnerstag, 14:00 Uhr. Das Haus in der Gabelsbergerstraße 27 öffnet seine Türen zur wöchentlichen „offenen Beratung“. Das Wartezimmer füllt sich innerhalb kürzester Zeit. „An schlimmen Tagen stehen die Menschen bereits eine Stunde vorher vor der Tür“, erklärt Peter Niederreiter, Mitarbeiter der Schuldnerberatung. Trotz des großen Andrangs herrscht im Warteraum Stille. Hilfesuchende, denen die Spannung hier zu unbehaglich wird, flüchten ins Stiegenhaus. Die Möglichkeit, als BittstellerIn missdeutet zu werden, verunsichert. Hilfe zur Selbsthilfe ist das, was Betroffene suchen und hier in der Schuldnerberatung finden.

„Arm ist, wer nicht genug von dem hat, was er braucht ...“

(Armutsbericht 2002)

Dieser Umstand trifft jedoch nicht nur auf fast 57.000 BürgerInnen des Landes Salzburg zu, sondern ebenso auf die Stellen, die den Betroffenen Hilfe anbieten. Auch die Schuldnerberatung befindet sich seit drei Jahren auf der Liste der allgemeinen Sparmaßnahmen. So stand heuer bereits die Auflösung der Außenstelle in St. Johann zur Diskussion. Allein die enorm steigende Nachfrage konnte den Fortbestand dieser sichern. Gefördert wird der Verein hauptsächlich vom Land Salzburg. Jedoch, „in dieser Regierung wird der Sozialbereich einerseits nicht ausgebaut, sondern eher eingefroren. Auf der anderen Seite ist es so, dass die laufenden Kosten immer höher werden. Und die KlientInnen werden immer mehr“, kritisiert Niederreiter. 824 sind es heuer allein in der Stadt Salzburg. Im Schnitt hat jede/r BeraterIn eine Klientenquote von 150. Davon landen bis zu dreißig Prozent in einem Konkursverfahren. Diese sind die arbeitsintensivsten Bereiche der Beratungen, da die SchuldnerInnen auch vor Gericht vertreten werden. Dringend notwendig wäre eine zusätzliche Stelle in Zell am See und ein/e PräventionsberaterIn in der Stadt. Derzeit allerdings kämpfen die MitarbeiterInnen um die Aufrechterhaltung des Status quo. So wird dort gespart, wo das Geld „nur“ mittelbar gebraucht wird, das heißt im Verwaltungsbereich und im Personalbereich. Ergo keine neuen MitarbeiterInnen, weniger Seminare und Supervisionen, keine Öffentlichkeitsarbeit. Seit zwei Jahren ist nichts mehr in die Infrastruktur investiert worden. „Wenn der uralte Server aus dem Jahre 1995 ausfällt, dann steht der Betrieb“, so Niederreiter. Noch läuft der Laden. Klienten nach Hause zu schicken wird so gut wie möglich umgangen. Früher oder später würden zwei Drittel dieser in der Sozialhilfe landen. Und das kostet dem Staat wirklich eine Menge Geld!