oktober 2003

Mark Ubl
geschaut

Moderne Kunst in der Provinz

Um es gleich vorweg zu nehmen, die Präsentation von moderner Kunst am Land, also „in der Provinz“ muss keinesfalls eine provinzielle Angelegenheit sein.

Erich Drapela, Eigner des gleichnamigen Berghotels im Lungauer Mariapfarr, hat als Obmannstellvertreter des Fremdenverkehrvereins im alten Lagerhaus des örtlichen Raiffeisenverbandes eine Galerie für zeitgenössische Kunst ins Leben gerufen. Dass es sich dabei flächenmäßig um die größte Galerie im Bundesland Salzburg handelt, sei nur am Rande erwähnt. Aus naheliegenden Gründen gilt die Eröffnungsausstellung dem Lebenswerk des Vaters des Ausstellungsmachers Franz Drapela, der im heurigen Jahr als Österreichischer Vertreter zur Biennale für zeitgenössische Kunst in Florenz vom 6. bis 14. 12. eingeladen worden ist. Drei Werke des Malers, die Besucher der laufenden Ausstellung bestimmen mittels Stimmzettel, um welche es sich handeln wird, werden direkt von der Ausstellung nach Florenz gebracht werden.

Dass eine Galerieeröffnung in der Provinz aber zur provinziellen Posse verkommt, dafür hat im Vorfeld der Generaldirektor des Raiffeisenverbandes DDr. Holztrattner persönlich gesorgt, indem er nämlich den Betreibern der Galerie die Verwendung des Namens „Galerie zum alten Lagerhaus“ untersagt hatte. Inwieweit ein in Salzburg ausgestellter nackter Mann mit erigiertem Penis die Angst vor moderner Kunst geschürt haben mag, sei dahingestellt. Dass das vorwiegend sakrale Werk von Franz Drapela zu diesem Schritt geführt hat, kann ich mir nicht vorstellen. Unbestritten darf aber dieser Verweigerungsakt als Absage an die zeitgenössische Kunst im ländlichen Raum interpretiert werden. Die Frage, welche Philosophie hinter dieser Absage stecken mag, kann sich der Leser selbst beantworten.

Kommen wir also nach diesem kurzen Ausflug in die Provinz wieder zum Wesentlichen, kommen wir zur Kunst.

Die Betreiber der „Galerie am Weiherplatz“, so der endgültige Name, haben für die kommenden Jahre noch einiges vor. Die laufende Ausstellung wird noch bis 30. Oktober dieses Jahres geöffnet bleiben, danach wird die unbeheizte Galerie den Winter über geschlossen bleiben. Ab dem Frühjahr nächsten Jahres ist geplant, im ersten Stock eine Auswahl aus den derzeit gezeigten 170 Bildern als Dauerausstellung des Werkes Franz Drapelas fix zu installieren und im Erdgeschoß andere namhafte zeitgenössischen Maler zu präsentieren. Nach dem Florentiner Vorbild wird der zeitgenössischen Kunst ein Raum zur Präsentation geboten. Die Räumlichkeiten des alten Lagerhauses werden darüber hinaus so adaptiert, dass in den kommenden Jahren die Galerie auch in den Wintermonaten geöffnet bleiben kann, allerdings mit der Absicht, das raue Lungauer Klima nicht ganz zu verleugnen, nach dem Motto „von der Piste zur Kunst“.

Die Besucher, heuer aufgefordert, die Bilder für Florenz zu wählen, sollen in den folgenden Jahren mit ihrer Stimme das „Bild des Jahres“ küren.

Der Besucherzustrom in den ersten Monaten verspricht jedenfalls für die Zukunft den gewünschten Erfolg.

Gemeinsam mit bereits bestehenden Lungauer Kulturinstitutionen wie der Lungauer Kulturvereinigung, dem Ramingsteiner Kultursommer und den bereits bestehenden Lungauer Galerien wächst ein kulturelles Gesamtkonzept, das für interessierte Besucher Spannendes zu bieten verspricht.

Es gibt sie also doch, die moderne Kunst am Land, doch Provinz findet in den Köpfen statt, nur dort.

Der Autor:

Mark Ubl, geb. am 10. 7. 1964 in Tamsweg, Studium der Soziologie und Theaterwissenschaft in Wien, seit 1998 wieder in Tamsweg. Berufe: Betreuer bei der Lebenshilfe und Schriftsteller.

Uraufführungen in Ramingstein:

1998 Die Bettlerhochzeit

1999 Der Alchimist

2000 Die Fabrik

2002 Der Geigenwald

2002 Bearbeitung von Felix Mitterers „Munde“ (für Schaustollen/Ramingsteiner Silberbergwerk)

2003 Bearbeitung von Friedrich Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ (Titel „Der Besuch“)

Veröffentlichungen von Gedichten in Literaturzeitschriften und einer Anthologie.