august-september 2003

Fini Hollaus

Der Zug der olympischen Lemminge

Prag wurde zum Waterloo der Salzburger Bewerbung. Trotzdem droht eine neuerliche Bewerbung für die Winterspiele 2014.

Nur 16 der 113 IOC-Mitglieder haben am 2. Juli für Salzburg als Austragungsort der Olympischen Spiele 2010 gestimmt. Eine bemerkenswerte Niederlage, die von krasser Selbstüberschätzung der hierzulande Verantwortlichen zeugt. Waren sie sich doch schon nach Erscheinen des Evaluierungsberichtes des IOC sicher, dass Salzburg und Vancouver die Favoriten sein würden. Und dann entschied Pyoengchang den ersten Wahlgang mit 51:40 Stimmen deutlich für sich.

Die Blauäugigkeit des Bewerbungsteams hätte im Fall eines Zuschlages noch teuer werden können: Als „worst case“-Variante gab der Geschäftsführer der Olympia-Gesellschaft Robert Kaspar das finanzielle Risiko für die Stadt mit rund 180 Millionen Euro an. Damit wäre die Festspielstadt über Jahre hinaus pleite gewesen. Einzig die Bürgerliste kritisierte dieses Finanzabenteuer und verwies auf Nagano, das wegen der Spiele 1989 noch für die nächsten Jahrzehnte bankrott sein wird.

Dass im endgültigen Bewerbungsschreiben keine adäquate Verkehrslösung für diesen Riesenevent vorgesehen gewesen war, rundet das Bild nur ab – diese wurde aus finanziellen Gründen aus der Bewerbung herausgenommen, da sonst die Obergrenze des Budgets überstiegen worden wäre. Den IOC-Mitgliedern jedenfalls dürfte dieses unausgegorene Projekt sauer aufgestoßen sein. Im Evaluierungsbericht wurde bereits von einem „moderaten finanziellen Risiko“ gesprochen. Gut möglich wäre aber auch, dass den Delegierten erst durch die Schlusspräsentation Salzburgs aufgegangen war, dass diese Stadt nicht für Olympia bereit ist. Zwar wollten die betrauten PolitikerInnen gerade mit Salzburgs Kulturleben punkten, doch sollte ein Weltkulturerbe unter dem Stichwort „Kultur“, mehr zu bieten haben als die ewig gleichen Zugpferde Festspiele, Lipizzaner (übrigens ein Markenzeichen Wiens), Denkmäler und Wolfgang Amadeus Mozart. Nicht zu vergessen „Sound of Music“, das schon so abgedroschen ist, dass man sich des Gefühls nicht erwehren hatte können, die olympischen Spiele würden in Salzburg auf Holzskiern ausgetragen.

Dass Vielfalt im Kulturleben unter anderem eine finanzielle Herausforderung ist, bleibt unbestritten. Allerdings setzt die Politik derzeit mehr auf Sport als auf die zentrale Kompetenz Salzburgs, nämlich Kultur. Es schien SP-Bürgermeister Heinz Schaden nicht zu stören, mehrere Millionen Euro, die für das Hollein-Museum im Mönchsberg vorgesehen waren, für Olympia 2010 umzuwidmen. Fast neun Millionen Euro hat allein die Bewerbung verschlungen, davon hat die Stadt Salzburg knapp vier Millionen Euro selbst zu tragen.

Und weil’s diesmal so gut für Salzburg gelaufen ist, denken Stadt und Land ernsthaft an einen dritten Anlauf für die Winterspiele. Die ARGEkultur hat sich jedenfalls – als erste Salzburger Kulturstätte – bereits einen Tag nach dem Debakel von Prag in einer Resolution gegen eine neuerliche Bewerbung für die Winterspiele ausgesprochen: „Statt Millionen in eine derartige Bewerbung zu stecken, fordert die Generalversammlung der ARGEkultur von den politischen Entscheidungsträgern eine Rückbesinnung auf die Kernkompetenz Kultur. Diese stellt eine wesentliche Säule der wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung Salzburgs dar. Konkret schlagen die Mitglieder der ARGEkultur vor, die für Olympia umgewidmeten Gelder, welche ursprünglich für das Hollein-Projekt eines Museums im Berg vorgesehenen waren, wieder für das Museumsprojekt rückzuwidmen. Darüber hinaus soll in Vorbereitung des Mozartjahrs 2006 ein eigenes Budget für die freien Kultureinrichtungen bereitgestellt werden, um deren Einbindung in das Mozartjahr zu ermöglichen.“