juni-juli 2003

Thomas Randisek
gelinkt

Von der Lizenz zum Plündern

Liberalisierung und Deregulierung sind Liebkinder der New Economy. Derzeit stehen im Rahmen der GATS-Verhandlungen (General Agreement on Trade in Services = weltweites Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen) öffentliche Dienstleistungen zur Verhandlung. Gegenstand sind staatliche Maßnahmen und staatlich geregelte Sektoren – nach Wasser, Verkehr oder Energie nun auch bisher „geschützte Bereiche“ wie Bildung oder Gesundheit.

Sie sind den GATS-Regeln unterworfen, also der Wettbewerbslogik ausgesetzt. Allerdings – und dazu besteht die Möglichkeit – können dezidierte Ausnahmen festgeschrieben werden. Angesichts der geplanten weltweiten Deregulierung durch das GATS und dem kleinen Rettungsanker „Ausnahmeregelungen“ haben sich die Kritiker organisiert, die in den GATS-Verträgen vor allem eines sehen: die Etablierung eines Grundrechtskatalogs für multinationale Unternehmen, eine Degradierung des Bürgers zum Konsumenten und des Staates zum Dienstleister. Wie weit die Liberalisierung gehen wird? Jüngst etwa ging es der Kunst an den Kragen – Kunst als „Dienstleistung“. Darüber überhaupt zu verhandeln widerspreche aber der österreichischen Verfassung, in der die Freiheit der Kunst ohne politische Einschränkungen ausdrücklich garantiert wird, argumentiert etwa die IG Kultur Österreich. Abgesehen davon, Kunst als Handelsgegenstand oder den Wert von Kunst durch mit ihr erbrachte „Dienstleistungen“ zu definieren.

Für das kulturelle Feld trifft die Liberalisierung zur Zeit den audiovisuellen Bereich, öffentlich-rechtliches Fernsehen und nationale Filmförderungen. Drastisch verdeutlicht wird dies auch in einem aktuellen Kinospott: „Sehr geehrtes Kinopublikum! Der angekündigte Film musste leider kurzfristig aus dem Programm genommen werden. Er wurde mit Hilfe öffentlicher Filmförderung produziert. Das bedeutet einen klaren Verstoß gegen die Prinzipien des freien Welthandels. Die Regierung hat am 1. Januar 2005 im GATS-Abkommen den Markt für audiovisuelle Dienstleistungen geöffnet. Danach sind derartige Subventionen unzulässig. Die Filmkopie wurde sichergestellt. Sie sehen stattdessen einen aktuellen Blockbuster. Gute Unterhaltung. Ihre Welthandelsorganisation (WTO).“

Das GATS wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit bei der WTO in Genf verhandelt. Filmförderung wird zum Handelshemmnis. Öffentliche Güter wie Bildung, Gesundheit und Wasserversorgung werden zu Waren. Noch ist nicht 2005! Zeit zu Handeln.

www.stoppgats.at