juni-juli 2003

Markus Grüner
zu gast

Liquid Planet

DJ DSL

Das Wort „DJ“ wird seit der Vereinnahmung der DJ Culture ungefähr so inflationär gebraucht wie „Pop“ oder „Rock“ in den 70igern. Nur wenige DJ's sind sich der Bedeutung ihrer Berufsbezeichnung wirklich bewusst. Der DJ als Selector, als Mixer, als Regisseur der besten Party, die man je erlebt hat.

DJ DSL hat noch diesen Anspruch an sich selbst. „Am Beruf DJ gibt es nichts, was mich stört. Gibt es etwas besseres, als Menschen zum Tanzen zu bringen und sie damit glücklich zu machen?“, meint Stefan Biedermann a.k.a. DJ DSL.

Sein Weg als DJ ist der Weg eines Pioniers der österreichischen DJ Culture. In den 80igern entdeckte er den HipHop und der HipHop entdeckte ihn. Werner Geier, der RadioGodfather des HipHop brachte ihn zur Musikbox und dann zu „Dope Beats and Tribe Vibes“ auf FM4, wo sie zusammen mit New-York-Korrespondentin Katharina Weingartner eine kleines, aber unglaublich kompetentes Redaktionsteam in Sachen HipHop bildeten. Zu Geier und Weingartner hat DSL nach wie vor Kontakt, aber rein privat, wenn er gerade mal in Wien ist.

Meistens ist DSL aber in Hamburg, wo er nicht nur sein privates Glück gefunden hat, sondern auch musikalisch den nächsten Schritt wagt: den des Produzenten. Sein Debüt-Album „Nr.1“ ist die Arbeit eines DJs, nicht eines Marktstrategen, ein wegweisendes Album in der Kategorie HipHop für Fortgeschrittene.

Kaum ein HipHop-DJ sieht den HipHop so kritisch wie DSL, kaum ein HipHop-DJ ist aber auch bei fast allen Musikern und DJ egal welchen Stils so anerkannt und respektiert.

Sein DJ-Set beginnt immer zu Hause, bei der Auswahl des Materials, das er am Abend im Club zum Besten gibt, und für diese Selection nimmt er sich Zeit.

Wie überhaupt Zeit ein wichtiges Kriterium für DJ DSL darstellt. Seine Sets sind nie kürzer als vier Stunden – „das brauche ich um den Abend überhaupt zu entwickeln“ – zeitlos die Auswahl der Platten, manche sind schon über zehn Jahre alt, manche gerade frisch aus dem Plattenladen.

Mit den Plattenläden in Hamburg ist er nicht so zufrieden. „In Wien hab ich meine Plattenläden, meine Leute, die wissen dass ich nicht nur im HipHop-Regal suche. Wenn ich aber alle Schubladen durchwühle- und horche, dann brauche ich ewig, deshalb brauch ich Leute in den Läden, die mich kennen und wissen, was mich interessieren könnte.“

Beim Liquid Planet, am 12. 4. in der ARGEkultur, bewies DJ DSL, weshalb er ein richtiger DJ ist. Sein Set dauerte fünf Stunden, er mixt gekonnt Underground-Tunes und Hits von Vorvorgestern. Er kombiniert Soul und R&B mit HipHop und Ragga, er probiert und genießt den Moment, wo er sich und sein Publikum überraschen kann.

Dieser Mann hat keine Angst. Und Angst macht den DJ zum feigen Abklatsch eines Berufsstandes, den Menschen wie Stefan Biedermann hoffentlich nie aufgeben werden.