juni-juli 2003

Markus Grüner

Fuchs und Hase: Gute Nacht!

Alex Jöchtl veranstaltet das „Royal Electronics at the Castle“

Im Haselgraben, sechs Kilometer nördlich von Linz, steht das Schloss Wildberg. Malerisch gelegen, vermittelt die Burg den Eindruck einer idealen Aufführungsstätte für die in Mode gekommenen Mittelalterspiele, mit schicken Burgfräuleinkostümchen, Ritterrüstungen, Firlefanz und archaischen Fressereien.

Alex „ismirschlecht“ Jöchtl, der Schloss Wildberg auch bewohnt, hat aber ganz etwas anderes im Sinn. Der Musiker und Tontechniker veranstaltet im idyllischen Innenhof seines Schlosses ein ehrgeiziges zweitägiges Festival für elektronische Musik. Alex Jöchtl ist eine der zentralen Figuren der Musikszene in Oberösterreich. Gruppen wie Attwenger, Wipe Out, Fuckhead oder Texta pflegen ihre Tonträger in Jöchtls Schloss aufzunehmen, auf Tour ist Jöchtl der Mann der auch noch aus der schlechtesten Anlage erstklassigen Sound herausholen kann. Aber Veranstalter war er bis jetzt noch nie, und deshalb hat er in den letzten Monaten einen autodidaktischen Crash- Kurs in Sachen Konzert- und Festival-Veranstaltung absolviert. Um förderungswert zu werden, mussten erst Konzepte geschrieben, Formulare ausgefüllt und Beamte überzeugt werden. Was dem genormten Kulturschaffenden wie selbstverständlich erscheint, war für ihn völlig neu. Auch die oftmals zitierte österreichische Leidenschaft des „Vereinswesens“ blieb ihm nicht erspart. Und die Dresscodes für respektables Auftreten hat Alex Jöchtl auch schnell begriffen. Der in Schwarz gehaltene Anzug, erst kürzlich für eine Beerdigung gekauft, gab der ohnehin stattlichen Erscheinung die nötige Seriosität.

Die inzwischen erhaltenen Mittel sind zwar bei weitem nicht ausreichend, aber Alex Jöchtl nimmt das Risiko auf sich und veranstaltet nun am 7. Und 8. Juni das erste „Royal Electronics at the Castle“. Das Line up wird angeführt von „Pan Sonic/FM Einheit“ (FIN/D) und „Whitehouse“ (UK), geht über eine Uraufführung von Haswell/Hecker/Rehberg (UK/D/A) bis zu Jöchtls Weggefährten Fuckhead, die mit der Opernsängerin Anna Maria Pammer zu sehen sein werden. Die maximal 300 Besucher erwartet aber nicht nur ein Programm im Bereich experimenteller elektronischer Musik, das in Österreich seinesgleichen sucht, auch die Atmosphäre rund um das Konzertgeschehen verspricht eigenwillig einzigartig zu werden. (Unterkunft wird auf der Wiese des Bürgermeisters gewährt, sofern man Zelt und Schlafsack dabeihat). Wer dieses hoffentlich nicht einmalig stattfindende Musikereignis erleben will, sollte also rechtzeitig ins raue Mühlviertel aufbrechen – und sich ein Beispiel daran nehmen, was es wirklich braucht, um Kultur zu schaffen.