april-mai 2003

Thomas Neuhold
kommentar

Von Kaltenegger lernen

Neben der Bildung einer Bundesregierung des rechten Randes und neben der Romanze in Grün-Schwarz war der fulminante Wahlsieg der Kommunisten in Graz das wohl aufregendste innenpolitische Ereignis der letzten Wochen. Auf weit über 20 Prozent kletterte der dunkelrote Balken in den ORF-Grafiken; ein Ergebnis, wie man es sonst nur von Süd- oder Osteuropa kennt.

Man mag es mit der KP und den in ihr handelnden Personen halten, wie man will. Tatsache ist: Was von den Grazer Kommunisten da vorgehüpft wurde, stellt ein Lehrbeispiel dafür dar, wie heute linke Politik auszusehen hat: Man mische die Konzentration auf wesentliche kommunalpolitische Fragen (Wohnungspolitik) mit viel persönlicher Glaubwürdigkeit der handelnden Personen (Ernst Kalteneggers Sozialfond) und würze mit einem kräftigen Schuss linkem Populismus („mein Skoda reicht mir“).

Mit ihrem Zug zum linken Populismus hat sich die steirische KP als gelehrige Schülerin des alten Lenin erwiesen. Er war es, der die Politik der Bolschewisten auf das Wesentliche reduziert und populistisch umgesetzt hatte. Damals lautete die Formel „Brot und Frieden“ und „Sozialismus ist Rätemacht plus Elektrifizierung“. In der Grazer Gemeindepolitik fand dies eben die Entsprechung in der Forderung nach einem Bad für jede Gemeindewohnung.

Dazu kommt die persönliche Integrität der Spitzenfunktionäre – Kalteneggers Verzicht auf Teile seines Stadtratgehalts zugunsten sozialer Projekte war nur das äußere Zeichen dafür. Kalteneggers Engagement ist glaubwürdig. Dass linksradikale Blabla vieler anderer hierzulande war und ist es nicht. Zu deutlich ist nämlich oft, dass Wasser gepredigt und Wein getrunken wird. Etwa dann, wann „Linke“ in der Rolle von ArbeitgeberInnen (Parteien, Körperschaften, Vereine ...) gegen „eigene“ Angestellte oft weit brutaler vorgehen als der/die durchschnittliche UnternehmerIn. Beispiele solcher Doppelmoral (in fast katholischem Ausmaß) gibt es in Hülle und Fülle.

Demokratischer Populismus und persönliche Glaubwürdigkeit: SozialdemokratInnen, Grüne und viele andere sollten sich bei der Steirer-KP was abschauen.