februar-märz 2003

Doc Holliday
gelinkt

Wider weiße Weichbirnen

Agit-Prop aus Amerika

Wenn es um Kritik an der eigenen Regierung geht, üben sich die US-Mainstream-Medien derzeit in Ignoranz oder prügeln die Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die nicht mit dem Strom schwimmen und etwa gegen den Irak-Krieg auftreten (Sean Penn, Oliver Stone, Steve Earle, ...). Einer dieser Repräsentanten eines kritischen Amerika ist der Dokumentarfilmer Michael Moore. Seine zahlreichen Aktivitäten, die einzig dem Ziel einer nötigen Korrektur der Berichterstattung im Mainstream dienen, bündelt er auf seiner Website www.michaelmoore.com. Etwa die Reaktionen auf sein Buch „Stupid White Men And Other Sorry Excuses For The State Of The Nation“. Geschrieben vor dem 11. 9. 2001, weigerte sich der US-Verlag HarperCollins zuerst, das polemische Werk zu veröffentlichen. Anfang 2002 kam es dann doch auf den Markt und belegt seit neun Monaten überraschend den Spitzenplatz auf diversen Bestsellerlisten. Ein Grund dafür: der Vertrieb über das Internet. Auch die gleichnamige deutsche Ausgabe (mit dem Untertitel „Eine Abrechnung mit dem Amerika unter George W. Bush“) tummelt sich auf den vorderen Rängen der Verkaufscharts. Inhaltlich mischt Moore seriös recherchierte Fakten und Reportagen mit gnadenloser Polemik und Satire. Bush nennt er „Thief-in-Chief“, das Kabinett apostrophiert er grundsätzlich als „Junta“, Clinton als „besten republikanischen Präsidenten, den Amerika je hatte“. Bisweilen setzt Moore schon den Vorschlaghammer ein, um die Wut und Frustration über sein Land zu artikulieren. Nicht anders wie in seinen großartigen Dokumentarfilmen (z. B. „Roger & Me“) begegnet er der medialen Manipulation durch die herrschenden Medien mit Humor – und wie seine intellektuellen Kritiker meinen: eigenen Manipulationen. Man könnte auch sagen: Satire aus dem Geist des Agit-Prop oder Edutainment (Aufklärung plus Unterhaltung) ohne Kompromisse. Nicht nur die USA haben solche Interventionen bitter nötig.

Im Oktober zeigt „Das Kino“ den letzten Film Moores: „Bowling For Columbine“ (über das Massaker an der Schule in Littleton, Gegenwart und Geschichte des US-Waffenfetischismus, Puritanismus, Angst und Schrecken in US-Alltag und –Weltpolitik). Pflichttermin!