februar-märz 2003

Didi Neidhart
leitartikel

„There Ain't No More Music!“ (Suicide)

In Zeiten eines erlebnisorientiertes Freizeitverhalten sind Konzerte eine Art Blinddarm, zu dem die Massen

nur dann pilgern, wenn es zuvor einen Sport-Event gegeben hat, oder es sich um Großveranstaltungen (Open Airs, Festivals) handelt. Die (ganz) großen Namen natürlich nicht zu vergessen! Parallel dazu gibt es den Markt der Gratismagazine (mit dem „Libro Journal“ als Initialzündung). Finanziert von den großen Plattenmultis machen sie brave Hofberichterstattung und ziehen dabei fachspezifischen wie auch kritischen Magazinen (wie etwa SKUG, oder dem verblichenen „Chelsea Chronicle“) die zur Finanzierung äußerst wichtigen Anzeigen/Werbeeinschaltungen ab. Was früher Underground hieß und seit Mitte der 1990er Jahre als Mainstream der Minderheiten definiert wird, zeichnet sich ja nicht nur durch immer größere Verästelungen und ultraspezialisierte Mininischen aus, sondern auch durch einen sich daraus neu entwickelten „Mainstream“, der sowohl die alte Dichotomie Rock versus Pop wieder aufleben lässt, wie auch den totalen Crossover propagiert. Angesichts der X-Beliebigkeit des Angebots, verbunden mit immer jünger werdenden Zielgruppen, kann Booking schon zu einer Art (russischem) Roulette werden. Gerade bei heimischen Bands und Acts, die noch keinen großen Namen haben bzw. auch nicht (mehr) mit dem Vienna-Hype in Sachen Electronica in Verbindung gebracht werden, bleiben plötzlich wieder die Leute aus und kommen erst wieder, wenn groß und fett „USA“, „UK“ oder „D“ als Herkunftsland angegeben wird. Und da sind wir dann wieder beim altbekannten Fragebogen: Was ist leistbar, was zahlt sich aus, was bringt Leute, ab wann rechnet sich der Aufwand, wie viel „Wohnzimmerkonzerte“ kann man sich leisten, bevor die eigene Veranstaltungs-Arbeit überhaupt hinterfragt werden muss? Gerade im Bereich der Klein-, Mittel- und Kleinstveranstalter verschwimmen immer noch die Grenzen zwischen Selbstausbeutung, Ehrenamtlichkeit und plötzlichen Totalburnouts. Nicht umsonst zeichnen sich viele (gute) Ideen und Clubs vor allem durch ihre extreme Kurzlebigkeit aus. Idealismus zahlt hier keine Miete! Was durch die Abwesenheit einer funktionierenden Musik-Szene mit aktiven MusikerInnen, Bands, Medien, die darüber berichten, MultiplikatorInnen und Treffpunkten (Lokale, Clubs, Platten/CD-Läden) natürlich umso mehr begünstigt wird.