Zurückhaltung ist die Höflichkeit der Paparazzi

Seit wann üben sich die Paparazzi, also jener Berufsstand, der uns die unverzichtbaren Fotos aus dem Privatleben der Prominenten liefert, in Zurückhaltung? Waren diese hinterhältigen Knipser nicht auch für den Unfalltod von Lady Di verantwortlich? Jedenfalls genießen Paparazzi ähnlich viel Sympathien wie Henker, Gerichtsvollzieher oder Türsteher. Dabei gibt es im Internet inzwischen auch ganz andere, nämlich nette und freundliche Paparazzi: Unter www.hoefliche-paparazzi.de notieren Menschen wie du und ich ihre zufälligen Begegnungen mit den mehr oder weniger Berühmten dieser Welt. Auf der Startseite steht das Motto: „Je dezenter, desto besser.“ Kaum zu glauben, aber genau daran halten sich die Benutzer des Internetforums. Nette, lustige und interessante Geschichtchen, die von den Surfern kommentiert werden. Daraus ergeben sich seitenlange, meist witzige Dialoge.

Die Initiatoren und Moderatoren des Projektes sind der frühere Chef von „Zeit-Online“ Christian Ankowitsch und der „Falter“- und „Titanic“-Cartoonist Tex Rubinowitz. Sich und ihre postenden Paparazzi-Kollegen nennen sie „Pappen“: Zu letzteren zählen auch Max Goldt oder Hermes Phettberg, mithin Menschen, die selbst zu den Prominenten gerechnet werden müssen.

Bei den höflichen Paparazzi kann man weit über 600 Begegnungen nachlesen. Die Liste umfasst unter anderem Abba, Herbert Achternbusch, Johnny Cash, Nick Cave, Shane Mc Gowan, Monica Lewinsky, Stephen Hawking, Jürgen Habermas, Helmut Kohl, Helmut Zilk, Helmut Berger. Ankowitsch’ Lieblingsstory ist eine Begegnung mit Bob Dylan. Die existiert in unterschiedlichen Variationen und mit verschiedenem Personal. Sollte es sich da vielleicht gar um eine urbane Legende vom Kaliber „Die Spinne in der Yucca-Palme“ handeln? Das Internet als Mythenproduzent, das haben wir schon immer geahnt. Wenn sie demnächst etwa am Abort einen Prominenten treffen, erstatten sie trotzdem Bericht: Höflich und dezent, selbst bei intimen Geschäften.