dezember 2002 - jänner 2003

Georg Wimmer

Hochschule mit beschränkter Haftung

Während staatliche Unis ausgehungert werden, erfüllt sich das Land Salzburg den Traum von einer eigenen medizinischen Fakultät

„Wenn in der österreichischen Hochschulpolitik jemals einmal eine vernünftige Entscheidung getroffen wurde, dann die, dass in Salzburg keine medizinische Fakultät eingerichtet wird.“ Peter Skalicky drückt sich gerne pointiert aus. Doch der langjährige Vorsitzender der Rektorenkonferenz weiß, wovon er spricht. Und er erlebte die Interventionen von Salzburger PolitikerInnen hautnah mit, die mit ihrem Lieblingsprojekt in Wien fast 30 Jahre lang hausieren gingen. Vorerst vergeblich: Der Bund wollte sich den Luxus einer weiteren medizinischen Fakultät neben Wien, Innsbruck und Graz nicht leisten. Nun aber steht Salzburgs Lobby in Weiß vor der Erfüllung ihrer Träume.

1999 wurde mit dem Universitäts-Akkreditierungsgesetz die Voraussetzung dafür geschaffen, dass in Österreich private Universitäten eingerichtet werden können. Dies geschah nicht zuletzt in der Hoffnung, erstklassige ausländische Unis nach Österreich zu locken. Dass die heimische Hochschulpolitik nun verstärkt LandespolitikerInnen in die Hand fällt, wird als Nebeneffekt in Kauf genommen, der den Bund nicht weiter kümmern muss. Helmut Konrad, ehemaliger Rektor der Universität Graz und jetzt Vorsitzender des Akkreditierungsrates: „Woher das Geld kommt, ist für die Genehmigung nicht von Belang. Das Gesetz schreibt nur vor, dass Privat-Unis keine Bundesmittel erhalten dürfen.“ Effekt dieser Regelung: In mehreren Bundesländern richten sich nun Landesfürsten ihre eigenen Hochschulen ein – mit Landesmitteln. Laut Helmut Konrad wird voraussichtlich Anfang nächsten Jahres erstmals in Österreich eine private Universität genehmigt, die sich zu 100 Prozent aus Geldern eines Bundeslandes speist.

Salzburg unterstützt „seine“ Uni, die auf dem Areal der Landeskrankenanstalten entstehen soll, immerhin mit bis zu 40 Prozent der laufenden Kosten. Das sind jährlich 1,6 Millionen Euro. Unter dieser Voraussetzungen gab der Akkreditierungsrat grünes Licht für die kommenden fünf Jahre. Dann muss neuerlich um eine Genehmigung angesucht werden. Mit den Landes-Unis wird in der heimischen Hochschulpolitik eine Wende eingeläutet, die den SteuerzahlerInnen kaum egal sein wird. Denn konnten sie bis jetzt davon ausgehen, dass mit ihren Steuern der freie Zugang zu den Hochschulen ermöglicht wird, so finanzieren sie nunmehr Institute für die Kinder von SpitzenverdienerInnen.

An der medizinischen Universität Salzburg wird die Studiengebühr 4.000 Euro pro Semester betragen. Den 42 Studierenden eines Jahrganges winken dafür intensive Betreuung und ein Studium, das in Rekordzeit von neun Semestern bewältigt werden kann. „In kleinen Gruppen erlernen die Studenten ihre praktischen Fähigkeiten durch intensive Lernmethoden, oft am Patientenbett“, werden in der Projektinformation des Stiftungsrates geradezu idyllische Lernsituationen beschworen.

Von einer Elite-Universität könne dennoch noch keine Rede sein, wehrt sich Prof. Julian Frick, ein Sprecher des Stiftungsrates. Jeder Bew‚erber muss sich zwar einem Auswahlverfahren stellen. „Dass jemand alleine aus finanziellen Gründen nicht studieren kann, das wird es nicht geben“, so Frick. Dass diese Ankündigung halten wird, bezweifelt nicht nur Ralph Schallmeiner von der ÖH Salzburg. Auch das Argument der Projektbetreiber, nur eine Universität sichere auf Dauer die medizinische Versorgung der Bevölkerung, lässt Schallmeiner nicht gelten. Forschungsergebnisse, die der Bevölkerung zugute kommen, sollten auch von Salzburg aus zugänglich sein. Vor allem aber: „Wenn private Sponsoren den Landeskrankenanstalten Geld für bessere medizinische Ausstattung zur Verfügung stellen wollten, dann steht ihnen das jetzt schon frei.“

Von Landeshauptmann Franz Schausberger ist bekannt, dass die Privat-Uni zu seinen Lieblingsprojekte zählt. Aber auch Walter Thaler, Chef im SPÖ-Landtagsklub und Mitglied im sechsköpfigen Stiftungsrat der Privaten Medizinischen Universität Salzburg, sieht das Projekt nur positiv. Es handle sich hier um eine Zusatzeinrichtung, so wie es auch private Kindergärten gebe. „Wer sich diese Form der Ausbildung nicht leisten kann, hat immer noch die Möglichkeit, eine staatliche medizinische Universität zu besuchen.“ Den bildungspolitischen Spagat – öffentliche Mittel für eine Privat-Uni bei gleichzeitiger Forderung nach Abschaffung der Studiengebühren – legen die SozialdemokratInnen nur auf Landesebene hin.

Bürgermeister Heinz Schaden gab bereits zu verstehen, dass er kein Geld aus dem Stadtsäckel bereit stellen will. Für die Grünen wiederum geht eine Privat-Uni völlig an den Bedürfnissen vorbei. Wenn das Land schon Geld für medizinische Versorgung übrig habe, so solle dieses zur Behebung des Pflegenotstandes verwendet werden. Sie vermuten zudem, dass das Karrieredenken einiger Ärzte einen erheblichen Energieschub für die Privat-Uni bringt. Kurt Grünewald, Gesundheitssprecher der Grünen im Parlament erinnert sich, wie ihm der frühere Rektor der Salzburger Universität bestürzt erzählte, dass die Primarii geschlossen mit ihrer Kündigung gedroht hätten, sollte nicht endlich die Medizinische Fakultät eingerichtet werden. Grünewald: „Ich konnte darüber nur lachen, denn ein Primar in Österreich ist so gut versorgt, dass er seinen Job niemals freiwillig aufgeben wird.“