dezember 2002 - jänner 2003

Thomas Neuhold
leitartikel

Salzburg abgekoppelt

„Ich habe den Aufstieg Salzburgs erlebt, jetzt erlebe ich den Niedergang.“ Alois Enner, Direktor der Wenzl-Hartl BaugmbH, gehört eigentlich nicht zu den Schwarzsehern. Er zählt einfach genug Lenze und hat so einen Überblick über mehrere Jahrzehnte Landesentwicklung. Enner hat recht: Das einst so blühende „Nr. 1-Land“ (ÖVP-Slogan) erlebt seit Jahren einen stetigen Niedergang. Viele wirtschaftliche Kennzahlen zeigen nach unten, das kulturelle Leben verliert an Dynamik.

Dafür nur die aktuelle Landespolitik – oder gar nur die Landeshauptmannpartei ÖVP – verantwortlich zu machen, wäre zu billig. Vieles ist importiert: Die Salzburger haben sich jahrelang ins Faulbett gelegt und auf die Konjunkturlokomotive Deutschland vertraut. Seit der Eingliederung der DDR-Länder in die BRD steht aber der deutsche Konjunkturmotor; Salzburg bekommt aufgrund der engen Verflechtung die Krise voll zu spüren.

Zukunft ohne Infrastruktur

Insbesonders die Landespolitik scheint nicht fähig, oft auch nicht willig zu sein, Gegenstrategien zu entwickeln. Die Abkoppelung der Landeshauptstadt vom europäischen Eisenbahn-Hochleistungsnetz auf Druck von freiheitlichen Querulanten und kleinformatiger Schreiberlinge ist deutliches Zeichen für das Versagen der Landespolitik. Die Absage an das Guggenheim-Projekt durch die Herren Hans Katschthaler, Franz Schausberger und Othmar Raus ein anderes.

Ein Fußballstadion als Milliardengrab für einen Zweitliga-Verein liegt für die Politik mit Buchhaltermentalität hingegen noch im Vorstellbaren. Gleichzeitig müssen die StudentInnen der international renommierten Kunstuni Mozarteum in abgewrackten Möbelhäusern studieren. Was Wunder, dass immer mehr abwandern. Jetzt droht sogar die Filetierung des Mozarteums, weil wichtige Institute aus Salzburg abgezogen werden sollen. In Sonntagsreden wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Kunst und Kultur das eigentliche Kapital der Mozart- und Festspielstadt seien, an politischen Werktagen wird die Abkoppelung schicksalhaft hingenommen.