oktober-november 2002

gehört

Musik

Foggy Dew

Sunbeam

Fool’s Paradise, 2002

Die Salzburger Folk-Rock-Urgesteine »Foggy Dew« präsentieren mit „Sunbeam“ die sechste CD in ihrer zwölfjährigen Bandgeschichte. Dabei sind die Veränderungen zur Debüt-Platte (von 1992) unüberhörbar. Zwar orientiert sich die spielfreudige Combo (über 120 Auftritte im Jahr 2001) noch immer am klassischen Folk, doch eine modernere Produktion mit dem geschickten Einsatz von Drum- und Percussionloops verleiht den Arrangements der acht Eigen- und der einen Fremdkomposition (dem alten irischen Gassenhauer „Star Of The County Down“) eine progressivere Note.

Tipp: Am 4. 11. stellt die Band die neue CD in der Rockhouse-Bar vor.

Doc Holliday

Tony Allen

Home Cooking

Comet/Zomba, 2002

Antibalas

Talkatif

Ninja Tune, 2002

Zwei neue Lebenszeichen von ehemaligen Weggefährten und Jüngern des famosen nigerianischen Königs des Afrobeat Fela Kuti. Die Musik des 1997 verstorbenen Fela Anikulapo Kuti, sein Stil-Mix aus westafrikanischem Highlife, Jazz und James Brown-Funk, zieht die Hörer unwiderstehlich auf die Tanzböden.

Diese brodelnde polyrhythmische Fusion garnierte der ewige Widerstandskämpfer und Rude Boy Kuti mit kritischen Aussagen und Texten zur politischen Situation in seiner Heimat. Das gut 17-köpfige Brooklyner Kollektiv »Antibalas« (steht im Spanischen für »kugelsicher«) vertritt auf ihrer 2. LP »Talkatif« ähnlich radikale, emanzipatorische Positionen. Im Unterschied zum ersten Tonträger kommt diese Message fast ohne Gesang aus: Stücke wie »Hypocrite« oder »War Is A Crime« funktionieren auch so als Soundtrack zu globalem kapitalistischem Wahnsinn. Musikalisch überzeugen die New Yorker durch ihre Verquickung des Afrobeat mit Latin-Jazz.

Tony Allen verklopfte jahrelang als Fela Kutis Schlagwerker die Felle in ihrer Band »Africa 70«. Der mittlerweile über 60-jährige zeichnete damals für den mächtigsten Drumsound auf diesem Planeten verantwortlich. Heute – da der klassische Afro-Sound auf geradezu inflationäre Weise gesampelt wird – arbeitet Allen mit dem englisch-nigerianischen Rapper MC Ty zusammen. Dabei verzichten sie auf rückwärtsgewandte Nostalgie, statt dessen pendelt das Werk zwischen Afro-Hip Hop und cooler Lounge-Lässigkeit. Daran kann auch ein überraschend unpeinlicher Gastauftritt des Blur-Sängers Damon Albarn nichts ändern.

Konzerttipp: Am 15. 10. gastiert Tony Allen im Salzburger „Jazzit“.

Doc Holliday

VARIOUS ARTISTS

Black & Proud. The Soul Of The Black Panther Era, Vol. 1 & Vol. 2

Trikont/Hoanzl

Die »Black Panther Party For Self-Defense« wurde im Sommer 1966 vom Jus- Und Philosophie-Studenten Huey Newton und dem ehemaligen Raketen-Ingenieur der US-Army Bobby Seale gegründet. Das dringlichstes Ziel ihres 10-Punkte-Programms hieß: „Ein sofortiges Ende der Polizeibrutalität und Ermordung schwarzer Menschen.“ Anfang der 70er Jahre ist die »Black Panther Party« (laut FBI-Chef Edgar J. Hoover „die größte Bedrohung für die innere Sicherheit Amerikas“) so gut wie komplett zerschlagen. Die aus den Wahlen 1969 hervorgegangene Nixon-Administration hatte mittels des berüchtigten »Counter Intelligence Program« (COINTELPRO) fast alle »Panthers« entweder ermordet (man schreckte dabei nicht einmal von Bombardements ganzer Häuserblocks, in denen sich »Black Panther«-Buros/Wohnungen befanden zurück) oder zu meist lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt. Mit ein Grund für diese staatlich legitimierten Gewalt-Exzesse und Repressionen war auch die Angst und Paranoia vor einer „sozialistischen“ Revolution innerhalb Amerikas. Denn im Gegensatz zum friedlichen Integrations-Konzept eines Martin Luther King und den segregationistischen Separations-Ideen der »Nation Of Islam« wendete sich das an Frantz Fanon, Che Guevara, Malcolm X und Mao Tse Tung orientierte Revolutions-Konzept der »Panthers« nicht nur weltweit an alle anderen linken »Befreiungsbewegungen« (auch an solche, die gegen schwarze Diktatoren in Afrika kämpften) sondern auch an gleichgesinnte Weiße (was in Detroit dann auch zur Gründung der »White Panther-Party« führte).

Wem nun der hier vorgestellte »Soul Of The Black Panther Era« nicht militant genug erscheint, dem sei mitgeteilt, dass es sich hierbei eben nicht ausschließlich um »Black Panther«-Soul handelt. Was auch ein Ding der Unmöglichkeit wäre und im schlimmsten Fall die ganze Unternehmung zu einer K-Gruppen-Scheuklappen-Angelegenheit machen würde. Neben der Reihe »Stand Up & Be Counted« und der leider längst vergriffenen »Revolutionary Hymns«-Box (u.a. mit Last Poets, Charlie Hayden, Archie Shepp, John Coltrane) bewegt sich auch »Black & Proud« in jenem »Black Power«-Kontexten, die als (theoretische wie praktische) Quellen von HipHop als dem vielbeschworenen »Black CNN« gelten.

In letzter Zeit wurden diese dezitiert politischen Aspekte von Soul ja auch von Reggae-Samplern wie »Studio One Soul« und »Darker Than Blue: Soul From Jamdown« verstärkt verhandelt. Weshalb wir auf »Black & Pround« natürlich ebenso Reggae von Derrick Harriott (»Message From A Black Man«) und Earl Sixteen (»Malcolm X«) zu hören bekommen wie Funk, Soul, Jazz und Proto-HipHop von legendären »Black Consciousness«-Heroes wie Last Poets, Staple Singers, Gil Scott-Heron, Hank Ballard, Cannonball Adderley, Curtis Mayfield, Marvin Gaye, Melvin Van Peebles (Vater von »Panther«-Regisseur Mario Van Peebles). Mit dabei auch »Black Power«-Hardcore-Acts der Extraklasse mit programmatischen Namen wie Sons Of Slum, Segments Of Time. S.O.U.L., Ghetto Reality, Sounds Of Black. Didi Neidhart

Lauschtipp: Cafe Bizarre – Sonic Adventures mit Didi Neidhart, jeden Sonntag, von 18.00 – 19.00 auf der Frequenz der Radiofabrik (107,5 MHz). Gehört gehört!