oktober-november 2002

Christian Felber

Bilanz eines Gegengipfels

GATS

Themenschwerpunkt des Alternativgipfels war das WTO-Dienstleistungsabkommen GATS, dem derzeit akutesten Projekt der neoliberalen Globalisierung. Es gelang nicht nur die breite Thematisierung durch ATTAC, ÖGB, ÖH, Volksbegehren Sozialstaat und Alternativnobelpreisträger, sondern auch der Auftakt zu einer österreichweiten Vernetzung für die Stopp-GATS-Kampagne. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch erfreute die BesucherInnen mit ungewohnt klaren Worten. Er forderte alle Parteien auf, sich zum GATS zu positionieren und das GATS zum Wahlkampfthema zu machen.

Alternativen funktionieren schon

Neben der inhaltlichen Diskussion wurden bereits existierende Alternativen vorgestellt. Zum Beispiel zeigte Kwabena Ohemeng von der ghanaischen Kakaobauernkooperative »Kuapa Kokoo«, wie Fair Trade zu Entwicklung führen kann: Dank der fairen Kakaopreise habe die Kooperative eine soziale Infrastruktur (Bildung, Gesundheit) aufbauen können, was alle neoliberalen Länder, wo nur von Sparen und Kürzung die Rede ist, vor Neid erblassen lassen müsste.

Pluralität der Ansätze

Ein weiteres Ergebnis war, dass ATTAC nicht eine Antwort auf die vielfältigen Probleme der Globalisierung hat. So stand Marianne Gronemeyers Aufruf zum „Machtverzicht“ im Gegensatz zur ebenfalls innerhalb von ATTAC befürworteten Idee einer sozialen und ökologischen Regulierung der Weltwirtschaft. Die Pluralität der Ansätze, das wurde am Samstag sichtbar, fördert Dynamik und Entwicklung der globalisierungskritischen Bewegung.

Motivationsschub

Der Mobilisierungseffekt für ATTAC war jedenfalls enorm. Der Gipfel bot den idealen Rahmen für die interne Vernetzung der aus ganz Österreich angereisten ATTACs. Zwei Aktivisten aus dem Tiroler Außerfern trafen auf drei weitere von ebendort, woraufhin sie umgehend beschlossen, für die Außerferner Nachrichten eine Reportage über Salzburg zu verfassen. Die Regionalgruppe in der Mozartstadt freut sich über 13 neue Mitarbeitswillige. Und mit AK-Präsident Alexander Böhm hat ATTAC ein jüngstes Promi-Mitglied.

Bleibende Metapher

Um die Konvergenz der Friedens- mit der globalisierungskritischen Bewegung bemühte sich der deutsche Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter, der in seinen Begrüßungsworten einen Jahrhundert-Sager landete: Das WEF solle sich das nächste Mal auf die Festung Hohensalzburg zurückziehen, hinter die dicken Burgmauern, das würde den Abstand der Global Players zur Bevölkerung besser zum Ausdruck bringen und obendrein jede Menge Polizei einsparen.

Berichterstattung pro

Globalisierungskritik

Prompt wurde diese Empfehlung im Fernsehen (Österreich heute) ausgestrahlt. Die Medienberichterstattung schwenkte insgesamt pro Globalisierungskritik, sie war reichhaltiger und positiver als im Vorjahr. Besonders erfreulich: Der Transport der Inhalte hat deutlich zugenommen. Stehsätze, wie „Sie stellen die richtigen Fragen, aber sie haben keine Antworten“, die im Vorjahr noch die Runde machten, waren heuer nimmer zu hören. Dafür landete sowohl der „Trauermarsch in WEF-Moll“ als auch die „Kleine Machtmusik“ in den Schlagzeilen. Fazit: Während das WEF in einer Legitimationskrise steckt, hat die globalisierungskritische Bewegung spürbar an Breite und Dynamik gewonnen.