oktober-november 2002

Thomas Neuhold

Demorecht durchgesetzt – Polizei zufrieden

Brauchen wir eigentlich das WEF für ein Fest im Volksgarten?

Der Europagipfel des Weltwirtschaftsforums (WEF) 2002 kennt einen klaren »Sieger«: Die Salzburger Polizei. Den BeamtInnen rund um Kripo-Chef Rudolf Feichtinger ist gelungen, was im Vorjahr die HardlinerInnen nicht geschafft hatten: Sie haben ein ruhiges Demo-Wochenende über die Bühne gebracht, ohne besondere Vorkommnisse.

Die Taktik – Gesprächsbereitschaft, gepaart mit enormer Truppenpräsenz – wird aus Polizeisicht beispielgebend für weitere Aktionen dieser Art in Österreich sein; die Freunde des schnellen Polizeiknüppels haben intern Argumentationsbedarf.

Mitverantwortlich für das positive Bild der Protestaktionen war das »Global Village-Project« im Volksgarten. Was Sabine Auer gemeinsam mit ihrem Team – u. a. Didi Neidhart vom »kunstfehler« und Wolfgang »Drax« Drechsler von der »Zone 11« – auf die Beine gestellt hatten, darf als sensationell bezeichnet werden. Eigentlich stünde Auer und Team ein Teil jener Millionen zu, welche die öffentliche Hand für den überdimensionierten Polizeiaufmarsch zu berappen hat.

Die Entscheidung der Stadt, den Volksgarten zwei Tage zu öffnen, sollte Schule machen: Warum kann nicht einmal im Jahr – auch ohne WEF – im Volksgarten ein buntes Fest gefeiert werden? Immerhin heißt der Park ja „Volks“-garten.

Das monatelange Ringen um die Demo machte aus der Kundgebung inhaltlich freilich mehr eine Demo für das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit. Das eigentliche Anliegen der »Anti-Globalisierung« trat in den Hintergrund. Auch aufgrund der eher enttäuschenden Beteiligung: Zwar sind 3500 (Polizei) beziehungsweise 5000 (VeranstalterInnen) TeilnehmerInnen für Salzburg ganz ordentlich, WEF und Politik haben sie kaum erschreckt. Es waren gerade genügend, um den Einsatz von 3500 Beamten mit Kosten von über sieben Millionen Euro zu rechtfertigen. Das größte politische Defizit bleibt aber die Absenz der Gewerkschaften.

Beim WEF hat man die Schwäche sofort erkannt. Zur öffentlichen Debatte zwischen ATTAC und WEF schickte man heuer nur mehr die zweite Garnitur. Und die machte sehr deutlich, dass das WEF mit Dialog ausschließlich die Durchsetzung von Kapitalinteressen meint. Verstehen die Herren wirklich nur die Sprache der Pflastersteine? Jakob von Uexkuell brachte es auf den Punkt: Dialog ja, aber mit Ergebnissen!

Was Präpotenz des global organisierten Kapitals bedeutet, mussten auch die Geschäftsleute im Andräviertel erfahren. Ihre Klagen über Umsatzrückgänge in den Sperrzonen beantwortete das WEF mit einer Spende von 10.000 Euro für die „Initiative Andräviertel“. Das macht bei 120 betroffenen Betrieben 83 Euro pro Unternehmen. (Das Land war um nichts großzügiger und spendierte ebenfalls 10.000 Euro.)

Sogar die »Gastgeber« mussten die Selbstherrlichkeit des WEF erfahren: VP-Landeshauptmann Franz Schausberger und SP-Bürgermeister Heinz Schaden konnten noch so um die WEF-MacherInnen herumschwänzeln, eine Zusage, dass die Tagung 2003 wieder nach Salzburg kommt, gab es nicht. Wir würden’s nicht vermissen.