oktober-november 2002

Klaus Werner
leitartikel

Fair Handeln

Wollen Sie einen Sklaven kaufen? Zwanzig Euro das Stück, acht Jahre alt, folgsam und arbeitswillig – wenn nicht, können Sie ihn ja die Peitsche spüren lassen. Greifen Sie zu, wir haben jede Menge davon! Sie wollen nicht? Sie behaupten, wir leben im 21. Jahrhundert und die Sklaverei sei abgeschafft? Mitnichten! Mehr als 27 Millionen Sklaven, also Menschen, die man kaufen, besitzen und straflos ausbeuten kann, gibt es laut der Organisation »Anti-Slavery International« weltweit. Und viele davon arbeiten – für Sie. Mit jeder Salzburger Mozartkugel von Mirabell profitieren wir von der Tatsache, dass zum Beispiel auf den Kakaoplantagen der westafrikanischen Elfenbeinküste rund 20.000 Kinder schuften, die man um den Preis einer Stange Zigaretten kaufen (und nach Gebrauch wegwerfen) kann. Denn multinationale Unternehmen wie Kraft Jacobs Suchard, Nestlé oder Mars scheren sich einen Dreck darum, unter welchen Bedingungen ihre Rohstoffe hergestellt werden: Hauptsache billig. Diesem „Hauptsache billig“ stellen immer mehr Konsumenten ein anderes Motto entgegen: „Hauptsache fair.“ Irritiert durch Fernsehbilder von schuftenden Kindern bescheren sie Kaffee, Orangensaft und Schokolade mit dem Transfair-Gütezeichen zwei- bis dreistellige Zuwachsraten. Ausbeuterische Kinderarbeit und Sklaverei sind aber nur die Spitze eines Eisberges: Die globale Ausbeutung hat System, und das System heißt Neoliberalismus, also Marktmacht ohne lästige Einschränkungen durch ökologische, soziale oder menschenrechtliche Standards. Dieses System wird von den Konzernlobbys und ihren Fürsprechern in Regierungen und internationalen Institutionen wie Welthandelsorganisation und Währungsfonds vorangetrieben. Gerechter Handel muss deshalb mehr sein als ein zusätzlicher Luxus für Wohlstandsbürger, die sich zu alledem noch ein reines Gewissen leisten wollen. Der Griff ins Regal des »Fairen Handels« ist ein guter Anfang. Ihm muss aber das aktive Handeln auf allen gesellschaftlichen Ebenen für eine global gerechte Wirtschaftsordnung folgen.

Klaus Werner ist Co-Autor des »Schwarzbuch

Markenfirmen – Die Machenschaften der Weltkonzerne« (http://www.markenfirmen.com)