oktober-november 2002

Max Grill
titel

Fairer Handel – Effektive Hilfe

Geschäfte jenseits von Kapitalmarkt und Terminbörse: Die EZA Importorganisation ist 25 – Eine Zwischenbilanz

Sie heißen Mundo, Pueblo, Nica, Africafé, Jambo und Orgánico und stehen in direkter Konkurrenz zu Tschibo, Eduscho und Meinl. Wie diese sind auch sie mittlerweile in etlichen Lebensmittelgeschäften erhältlich: Kaffeesorten der EZA – einer Importorganisation die EntwicklungsZusammenArbeit über den »Fairen Handel« unterstützt und fördert.

Was Organico & Co. von ihren kommerziellen Konkurrenten unterscheidet ist schnell erklärt: Täglich erreichen uns Bilder und Nachrichtenmeldungen über das wirtschaftliche Elend in den Entwicklungsländern. Bilder von Kaffee- und Kakaoplantagen, auf denen Arbeiter oft 16 Stunden am Tag für eine Hand voll Geld arbeiten müssen. Für einen Lohn, der gerade reicht, um sich über Wasser zu halten, aber weder genügt, um eine Familie zu ernähren, geschweige denn sich eine Existenz aufbauen zu können. Meldungen, nach denen durch die Überproduktion und die dramatisch gesunkenen Kaffeepreise weltweit 25 Millionen Kaffeebauern vor dem Ruin stehen.

Auf dem langen Handelsweg der Kaffeebohne nach Europa verdienen unzählige Zwischenhändler ihr Geld mit dem braunen Gold. Sie sind der Grund, warum die Produzenten vor Ort die Ware um einen sehr geringen Preis von durchschnittlich 25 Cent pro Pfund verkaufen müssen, der Kaffeepreis in den hiesigen Läden aber trotzdem mit etwa 3,7 Euro konstant bleibt. Die Arbeiter sehen von dem Preis, den wir bezahlen, nichts. Diese Lücke will die EZA schließen. »Fairer Handel« bedeutet, dass der Produzent jenen Preis für sein Produkt erhält, der nicht nur die Kosten der Herstellung abdeckt, sondern für alle Beteiligten auch Geld zum Leben abwirft. Und das über ein direktes Handelsabkommen – ohne Zwischenhändler. „Dabei soll der Hersteller nicht reich werden. Es soll nur seine Existenz gesichert und gefördert werden“, so EZA-Geschäftsführerin Andrea Schlehuber über die Funktion des fairen Handelns. Für den Kaffee bedeutet das konkret einen Mindestpreis von 131 US-Dollar für 45,4 kg Kaffee – direkt und sogar mit Vorauszahlung. Über den Weltmarktpreis haben Plantagenbetreiber 2001 das historische Tief von 50 US-Dollar für dieselbe Menge ausbezahlt bekommen. Eine Summe, die angemessene Löhne für die Arbeiter unmöglich macht. Kaffee ist freilich nur eines der Produkte, die bei der EZA vertrieben werden. Daneben sind noch Bananen, Handwaren (handgefertigte Produkte wie Körbe, Masken oder Tücher) und Schokolade im Sortiment. Abnehmer sind in erster Linie die 70 »Weltläden« in Österreich. Die »Weltläden« sind eigenständige Vereine, einige werden sogar privat geführt, nur zwei befinden sich im Besitz der EZA selbst.

Gegründet wurde die EZA übrigens 1975 – nach niederländischem Vorbild. Der Standort Salzburg sollte sich vor allem wegen seiner geografischen Lage als sinnvoll erweisen. Heute sind 35 Bedienstete in der Gesm.b.H. tätig, der Umsatz kletterte von 5,1 Millionen Euro 2001 im Vorjahr auf 6,6 Millionen Euro. Vor allem Abnehmer aus dem Lebensmitteleinzelhandel verzeichneten ein plus von 6,4 Prozent und liefern einen zehnprozentigen Anteil am Umsatzvolumen – Tendenz steigend.

Verbraucher zufrieden

Der Tenor der hiesigen Abnehmer ist durch die Bank positiv. Im Salzburger Hotel »Zum Hirschen« wird der »Orgánico« Kaffee seit zwei Jahren zum Frühstück serviert. „Für uns ist es wichtig, weil es Bio-Kaffee ist und weil wir damit den Fairen Handel unterstützen. Den Leuten schmeckt er ausgezeichnet“, resümiert Restaurant-Betreiber Christian Wallmann. Auch im Bildungshaus St. Virgil kommen EZA-Waren gut an. „Die Menschen fragen sogar nach den Produkten“, erzählt Rezeptionistin Jutta Werler.

Geschäftsführerin Schlehuber forciert aber auch den Vertrieb in den großen österreichischen Lebensmittelketten.

Und das, „obwohl die Idee der EZA gegen das kapitalistische System gerichtet war“. Solche Diskussionen aus den 80er Jahren seien heute allerdings verschwunden. Heute gehe es um einen höheren Bekanntheitsgrad für die Produkte. Der Lebensmittel-Riese INTERSPAR führt seit 1999 EZA-Waren. Vor allem die Bio-Banane entwickelte sich zum Verkaufshit: So werden derzeit über 40 Tonnen pro Woche der Tropenfrucht verkauft. „Mit dem Kauf von am Weltmarkt fair gehandelten Waren können Österreichs Konsumenten somit nicht nur den Schutz des Regenwaldes und der natürlichen Gewässer im Ursprungsland unterstützen, sondern auch die sozialen Lebensbedingungen aller Plantagenmitarbeiter verbessern“, heißt es beim SPAR-Konzern.

Auch die Politik begrüßt den Weg des fairen Handelns. SP-Landtagsmandatar David Brenner sieht „eine echte Hilfe zur Selbsthilfe, weil es fairen Lohn und soziale Produktionsbedingungen für die Hersteller garantiert.“ Ein diesbezüglicher Antrag, fair gehandelte Produkte in den landeseigenen Betrieben bevorzugt einzukaufen, wurde im März vom Salzburger Landtag einstimmig beschlossen. Vorreiter sind das Landeskrankenhaus, die Landesnervenklinik und Abteilungen der Raiffeisenbank. Das Land Salzburg reiht sich damit in die Liste der „Fairen Händler“ neben der Steiermark, Kärnten und Oberösterreich ein. Schon voriges Jahr hat der Nationalrat jedem Ministerium erlaubt, fair gehandelte Waren zu kaufen. „Fairer Handel“ ist die effektivste Maßnahme gegen Kinderarbeit und Ausbeutung in Entwicklungsländern“, unterstreicht Brenner die Bedeutung der Initiative.

Das Siegel »TransFair«

Das Gütesiegel, auf welches beim Kauf von fair gehandelten Produkten geachtet werden sollte, trägt die Aufschrift »TransFair«. »TransFair« ist eine gemeinnützige Initiative, zu der Organisationen aus den Bereichen Entwicklungspolitik, Kirche, Ökologie, Bildung und Soziales gehören. Die Tätigkeit der Organisation wird von EU, Bundesregierung, Parteien und Interessensvertretungen unterstützt. Die EZA ist Lizenznehmer. »TransFair« finanziert sich aus den Lizenzgebühren für die Nutzung des Gütesiegels. Zu den Lizenznehmern gehören neben der EZA noch Meinl, Pfanner, Darboven, Hornig, SPAR und neuerdings der Kaffeekonzern Starbucks.

Diese US Kaffee-Kette machte für die Einführung allerdings auch eigennützige Motive geltend. Laut Tageszeitung „Der Standard“ hofft Senior-Vice President Dennis Stefanacci, dass die Sicherstellung der Kaffeequalität gleichzeitig die Sicherstellung des wichtigsten Rohstoffes für Starbucks bedeute. Daher sei man mit den Bauern langfristige Verträge eingegangen.

Schwerpunkt Lateinamerika

Die Produktionsstätten der marktführenden Fair-Trade-Produkte wie Kaffee- oder Kakaobohnen, aber auch Bananen befinden sich vor allem in Mexiko, Guatemala oder Nicaragua. Handwaren werden aus Indien importiert, Schokolade aus Ghana, Bolivien und der Dominikanischen Republik.

Um die Beziehungen zwischen den Herstellern und dem direkten Vertrieb der EZA zu verbessern, schreibt die Importorganisation jedes Jahr einen Wettbewerb aus. Dabei wird ein Land als Schwerpunkt vorgestellt (heuer Ghana) und der umsatzstärkste Weltladen des Jahres eruiert. Der Gewinner darf sich selbst von den Produktionsstätten vor Ort ein Bild machen „und dabei auch wichtige Erfahrungen für seinen Laden mit nach Hause bringen“, unterstreicht Schlehuber. Umgekehrt wird eine Delegation aus dem jeweiligen Land nach Österreich eingeladen. Im September war eine Gruppe aus Ghana zu Gast. Im nächsten Jahr liegt das Hauptaugenmerk auf Sri Lanka.

Entwicklungshilfe für

das Selbstbewusstsein

„Der Faire Handel führt zu gravierenden Änderungen für die Kleinbauern“, weiß Schlehuber die Ergebnisse der fairen Entwicklungshilfe kurz zusammenzufassen. Durch das Wissen um die Sicherheit eines zuverlässigen Partners werde vor allem das Selbstbewusstsein der Hersteller gestärkt. „Dadurch haben die Menschen auch die Chance, in ihrem Land politischen Druck auszuüben.“

Der Machtzuwachs resultiere aus der wirtschaftlichen Sicherheit. „Diese Form der Entwicklungshilfe führt zu weitreichenden sozialen Schritten bei den Kleinbauern.“

Schlehuber selbst hat als Wirtschafts-Studentin im Dienste der deutschen Entwicklungshilfe mehrere Jahre in Guatemala zugebracht und miterlebt, wie sich durch ein gestärktes Selbstbewusstsein die Motivation der Menschen kontinuierlich steigert. „Von da an habe ich gewusst, dass ich bei meiner Rückkehr jedenfalls auf der anderen Seite der Entwicklungshilfe tätig sein möchte“, erklärt sich Schlehuber ihre Entscheidung, die Geschäftsführung der EZA übernommen zu haben.

Es ist ihr anzusehen, dass das faire Geschäft für sie einen hohen, menschlichen Wert besitzt.