september 2002

an uns

Leserbriefe

Karl-Markus Gauß fürchtet die Abschaffung der Kunst in Salzburg.

Tatsächlich kann man seinem kleinen Rundumschlag etwas abgewinnen (auch wenn das Szenario eines drohenden Endes der Kunst natürlich maßlos überzeichnet ist). Mich freut, dass dem Kritiker von über 1.000 Veranstaltungen im Literaturhaus in den vergangenen 10 Jahren eine einzige nicht gefallen hat (mir übrigens auch nicht). Verständlich, dass er in seiner Polemik ausgerechnet diesen Abend mit Stuckrad-Barre herausgreift. Es erstaunt tatsächlich, warum dieser viele (junge) Menschen anspricht. Aber: Ist nicht viel erstaunlicher, wieviel Aufmerksamkeit dem Pop-Literaten in Medien – von Frau Rett in »Treffpunkt Kultur« bis Herrn Gauß im »Kunstfehler« – zuteil wird? Schade, dass unbekannteren und viel wichtigeren Autorinnen und Autoren nicht ebensoviel Platz eingeräumt wird. Sie würden es verdienen. Und: Es wäre ein Beitrag für die Erhaltung der Kunst.

Tomas Friedmann,

Literaturhaus Salzburg

Seit wann wird die Kunst abgeschafft?

Und wie lange dauert das eigentlich noch? Doc Holliday diagnostiziert bei K.M.Gauß in seiner Rezension des »Mit mir, ohne mich« eine Neigung zu Elitarismus und Kulturpessimismus, gleichzeitig aber auch auf genauen Beobachtungen basierende, vor allem die vermeintlichen Nebensächlichkeiten beachtende »meist kluge Urteile«.

Im letzten Kunstfehler hat Gauß seine Urteile aber nicht auf genauen Beobachtungen aufgebaut, oder er hat »vermeintliche Nebensächlichkeiten« zugunsten seiner elitaristischen und kulturpessimistischen Argumentation unter den Tisch fallen lassen.

Nicht den Sieger der Fernsehstaffel »Taxi Orange«hat das Landestheater engagiert, sondern einen damals noch namenlosen Jungschauspieler, der erst im Verlauf der Exhibitionisten-Show zum Star wurde.

Helmut Newton hätte laut Gauß vor 15 Jahren jeden, der in zum Künstler adeln und in einem honorablen (?) Museum ausstellen hätte wollen, ausgelacht. Offenbar ist es Gauß’ genauer Beobachtung entgangen, dass vor fast 15 Jahren der französische Kulturminister Jack Lang Helmut Newton zum »Chevalier des Arts et des Lettres« ernannt hat, dass Newton ebenfalls vor fast 15 Jahren von Jacques Chirac der »Grand Prix national de la ville de Paris« verliehen worden ist, dass Helmut Newton schon seit Mitte der 80er Jahre auch in »honorablen« Museen in Paris, Tokyo, Madrid, Moskau, Bologna etc. ausgestellt wird...

Das Problem bei Gauß’ Urteil (»Abschaffung der Kunst«, »Triumph des Konsumismus«) ist, dass er es auf die heutige, ach-so-schlechte Zeit bezieht. „In den letzten fünfzehn Jahren ist viel geschehen in der kulturindustriellen Gesellschaft“, meint Gauß. Da hat er recht. Aber er täuscht sich, wenn er glaubt, dass das nur in den letzten fünfzehn Jahren so war/ist. Die Auseinandersetzung zwischen Kunst und Kommerz, zwischen Qualität und Trivialität ist viel älter und wird auch noch viel älter werden. Das zu erkennen wäre der erste Schritt auf dem Weg zur Heilung vom Kulturpessimismus. Der Elitarismus ist da schon viel schwieriger zu heilen.

Albert Topitz

IMAGE Komm.-design GmbH

Endlich erhebt einer der argumentativen Sprache Mächtiger und als Verhinderer Unverdächtiger die Stimme gegen die äußerst verdächtige Event-Kultur-Initiative »Museum im Berg«, ohne damit das Husslein’sche »Museum am Berg« gut zu heißen. Dem fehlt sogar der Reiz, den das Hollein’sche Modell immerhin hat. Durchschauen aber wirklich nur so wenige wie Karl-Markus Gauß, dass diese Gesellschaft Kunst immer öfter nur mehr wahrzunehmen bereit ist, wenn sie event- oder wenigstens skandal-trächtig vereinnahmbar ist? Die Spaß-Gesellschaft gibt sich den »Jedermann« einer gewissen Veronica Ferres wegen. Die zumeist bis in die Knochen konservativ eingestimmte Kultur-Schickeria sponsert vornehmlich Star-Projekte; das Marketing muss stimmen. Inhalte ? Werden transportiert, keine Sorge, mach ma schon. Wahrlich, eine »Kultur auf Rädern« (bitte auf Kurs bleiben !), wie das schon vor etlichen Jahren ein diese besorgnis-erregenden Tendenzen durchschauender Kultur-Redakteur benannt hat. Danke, Herr Gauß, ich fühl’ mich – auch als Künstler – nicht mehr so ganz allein.

Wolfgang Danzmayr

Komponist und Dirigent