september 2002

Thomas Randisek

Experten? Nicht erwünscht!

Die Stadt Salzburg wird Kulturfördermittel aus einem Fond vergeben – die Politik mischt munter mit

Schön ist es, wenn Extra-Fördergelder für „zeitgenössische Kunst sowie innovative und kreative Projekte aller Sparten“ locker gemacht werden. Dafür hat die Stadt Salzburg einen Fonds aus den Rücklagen für das nie verwirklichte Guggenheim Projekt gebildet. Die Zinsgewinne aus diesem Fonds, rund 170.000 Euro (plus Sponsorgelder der Wirtschaft), sollen ab 2003 verteilt werden. Anders als bei vergleichbaren Vorhaben im Kulturbereich setzt die Stadt Salzburg nicht auf ein Expertengremium. Der Kulturausschuss hat unter tatkräftiger Mithilfe von Kulturamtsleiterin Ingrid Tröger-Gordon eine höchst eigenartige Lösung gefunden.

Ein Kuratorium

Laut einstimmigem Beschluss wird ein Kuratorium aus VertreterInnen folgender Gruppierungen die Fondsgelder vergeben:

• je ein(e) VertreterIn einer im

Kulturausschuss vertretenen Partei

• 2 VertreterInnen der Wirtschaft

(„die maßgeblich zur Finanzierung

des Fonds beigetragen haben”)

• die Rektoren der Universitäten

Paris Lodron & Mozarteum

• die Präsidentin der Salzburger

Festspiele, Helga Rabl-Stadler

• als Vertreterin der Sommeraka-

demie: Barbara Wally

Angesichts eines bevorstehenden Massenauflaufes: hätte nicht ein schmales Expertengremium die Aufgabe abseits der Politik besser, effizienter und autonomer bewerkstelligen können? Erstaunlich, dass man sich in Kunstgremien hierzulande gleichsam „einkaufen“ kann, sind doch zwei Plätze für „VertreterInnen der Wirtschaft“ reserviert. Was prädestiniert die Rektoren der Universitäten? Warum wurde nicht auch die Bäckerinnung eingeladen? Viel Gutes kann man über die Präsidentin der Festspiele berichten – allein dass sich die Ex-ÖVP Nationalratsabgeordnete bisher durch besondere Umsicht im Bereich der „zeitgenössischen Kunst und kreativer Projekte“ besonders hervorgetan hat, ist neu. Einzig die Leiterin der Sommerakademie, Barbara Wally, vermag in dieser Konstellation offensichtlich durch Kompetenz zu bestehen. Barbara Wally hätte aber die Nominierung in ein Expertengremium locker bestanden, bei den anderen Personen ist dies fraglich. Zuletzt: Warum hat man auf Experten, die nicht aus Salzburg kommen, gänzlich verzichtet? Wäre es da nicht ehrlicher gewesen, man hätte gleich die einfache Beschlussfindung über den Kulturausschuss gewählt?

Andere Modelle

Die Stadtpolitiker haben die Sozialpartnerschaft auf Kulturebene also neu erfunden. Musste das sein? Kulturamtsleiterin Tröger Gordon hätte nur mal das Amtstelefon gebrauchen müssen und bei den Kollegen vom Land um Amtshilfe bitten müssen: Dort hätte sie erfahren können, wie unspektakulär, einfach und autonom (unter Ausschluss der Politik) die Landeskulturabteilung ihre Kulturpreise vergibt. Vier ExpertInnen entscheiden unter der Moderation des Leiters der Kulturabteilung über die Vergabe der Mittel. Ist das Einfache so schwierig zu machen? Muss ein zehn-köpfiges Personengremium über Kulturfondgelder bestimmen, wo selbst der Gestaltungsbeirat der Stadt Salzburg mit einem sechs-köpfigen, dafür international besetzten Gremium auskommt?

Is everybody happy?

Dass der Beschluss im Kulturausschuss einstimmig ausgefallen ist, verwundert nicht. Alle Parteien sind vertreten, selbst die Freiheitlichen, die das Kulturleitbild permanent torpedierten und dagegenstimmten, werden mit Sitz und Stimme belohnt. Vielleicht ist dieses misslungen zusammengesetzte Gremium aber auch nur der Versuch des Kulturausschusses, seinen eigenen Bedeutungsverlust zu relativieren. Seit der Einführung einer „Kulturklausur“ (Kulturreferent, Kulturamt, Kulturausschuss) im vergangenen Herbst wird dieser Bedeutungsverlust offensichtlich. Die „Kulturklausur“ bringt für die Förderempfänger die Vorteile, dass sie frühzeitig – im Herbst des Vorjahres – über die Förderhöhe Bescheid wissen und die Gelder auch frühzeitig im neuen Jahr ausbezahlt werden. Bei seinen 14-täglichen Sitzungen im Restjahr hat der Kulturausschuss aber dann nur mehr wenig Entscheidungsbefugnisse. Dass „innovative Ideen“ nach „innovativen Lösungen“ schreien, weiß man nicht zuletzt aus Funk und Fernsehen. Nicht so in der Stadt Salzburg. Mutlosigkeit und Mittelmaß dominieren einmal mehr die städtische Kulturpolitik.