september 2002

kurzfehler

kurzfehler

Der Auftritt des russischen Pseudohistorikers Viktor Suworow an der Universität Salzburg im Mai vergangenen Jahres bekommt jetzt noch eine weitere politische Dimension. Wie sich im Zuge einer Gerichtsverhandlung um Proteste von AntifaschistInnen gegen die vom Freiheitlichen Akademikerverband und vom verstorbenen VP-Landtagspräsidenten Helmut Schreiner organisierte Veranstaltung herausstellte, wurde der Vortragsabend von der öffentlichen Hand finanziert: „Wir haben vom Salzburger Bürgermeister eine Subvention bekommen. Der Bürgermeister wusste, wer vorträgt und worum es in diesem Vortrag geht“, so Othmar Rath, einer der Organisatoren des unappetitlichen Abends. Suworow vertritt die These, dass der nationalsozialistische Überfall auf die Sowjetunion 1941 ein Präventivkrieg gewesen sei und bedient damit hauptsächlich den organisierten Rechtsradikalismus. Der Skandal um die Finanzierung des ultrarechten Spektakels eignet sich übrigens als Lehrbeispiel für Sein und Schein sozialdemokratischer Politik. Rund um den Auftritt des revisionistisch-rechtsextremen Suworow hatte SP-Landtagsabgeordneter David Brenner VP-Mann Schreiner heftig kritisiert und ihm vorgeworfen, „ein braunes Süppchen warm zu halten.“ Währenddessen machte der Genosse Bürgermeister für den widerlichen Auftrieb ein paar Scheine locker?

-tom-

Der Kulturpreis für Menschenrechte und Integration der Salzburger Grünen ging heuer an Uwe Bolius und Robert Angst für ihren Dokumentarfilm »Nicht stillhalten, wenn Unrecht geschieht« über das Leben der Halleiner Kommunistin und Widerstandskämpferin Agnes Primocic. Außer der Arbeit der Preisträger kamen vier weitere Einreichungen in die Auswahl der besten fünf (von 34 Einreichungen): Ein Film über die Proteste beim Weltwirtschaftsforum 2001 in Salzburg, ein Streifen über Palästina, das integrative Theater »Wie Alexander die Welt erschuf« der Salzburger Gruppe »Die blauen Hunde« sowie der »kunstfehler«.

-red-

Bernhard Amann muss noch emsiger werden, hat er doch einen Job mehr. Er folgt Gerald Raunig als neuer Vorsitzender der IG Kultur Österreich, der bundesweiten Interessensvertretung für autonome Kulturarbeit. Der Vorarlberger ist unter anderem auch Diplomsozialarbeiter, Konzertveranstalter („Transmitter“), Gründer mehrerer Selbsthilfevereine für Benutzer illegaler Substanzen, Jugendstadtrat in Hohenems für die unabhängige Liste »Die Emsigen« und Sprecher der „BürgerInneninitiative für die Gleichstellung von Cannabis mit den legalen Drogen Alkohol und Nikotin“.

-tömml-

Die olympischen Winterspiele 2010 sind zwar noch nicht vergeben, die Bewerbung Salzburgs zeigt aber bereits die ersten, von vielen befürchteten, negativen Auswirkungen. So beginnen sich beispielsweise Sponsoren von gewachsenen Salzburger Projekten und Strukturen zurückzuziehen und investieren in das olympische Strohfeuer. Prominentes Olympiaopfer ist das vom Filmkulturzentrum »Das Kino« initiierte Salzburger Bergfilmfestival. Der Energieriese Salzburg AG wird das Festival nicht mehr unterstützen, wurde den Veranstaltern im Juli lapidar mitgeteilt. Branchenkenner wissen auch warum: Die Salzburg AG braucht ihre Gelder für die Olympia-Bewerbung, für die der Energiekonzern als Hauptsponsor auftritt.

-jc-

Viel hatte nicht gefehlt und Robert Faller, dessen Kameradschaft »Germania« vom Dokumentationsarchiv als „rechtsextrem und neonazistisch“ eingestuft wird, hätte seine geplante Glatzen-Demo in Salzburg durchführen dürfen. Dass es anders kam, hatte nicht nur mit öffentlichem Druck zu tun. Faller hatte sich bei der Polizei schlicht verplappert. Ein Beamter: „Als wir ihm erklärten, dass er für eine Demonstration soundsoviele Ordner stellen müsste und dass alle diese Ordner österreichische Staatsbürger sein müssen und keine deutschen, hat er versucht, uns zu erklären, dass wir im Grunde eh alle Deutsche sind.“ Wir lernen daraus: Dummheit kennt keine Grenzen.

-wim-

Signal: Minus? Verträgt die Stadt Salzburg eine weitere Kürzung des Kulturbudgets? Unter diesem Titel findet am Montag, 9. September, um 19.00 eine von Werner Thuswaldner geleitete Diskussion im »republic« (Anton-Neumayr-Platz 2) statt. Szene und Dachverband Salzburger Kulturstätten laden Kulturinteressierte zur Auseinandersetzung mit den Vertretern der städtischen Kulturpolitik.

-tömml-

Der japanische Film jenseits von den kanonisierten Klassikern Kurosawas und Oshimas ist hierzulande selbst den interessierten Cineasten bestenfalls von englischen DVDs bekannt. Was auch daran liegt, dass selten die Möglichkeit besteht, die Vielfalt der fernöstlichen Produktionen auf heimischen Leinwänden zu sichten. Anfang September bietet »Das Kino« die Chance, Versäumtes nachzuholen: In dem Animationsfilm »Jin Roh« (R: Hiroyuki Okiura, 1998) geht es um die Auseinandersetzung zwischen Regierungsgegnern und der Polizei. Der grandios überdrehte „Dead Or Alive“ (1999) des ultraproduktiven Takashi Miike (er dreht etwa vier bis sechs Filme pro Jahr) spielt nur vordergründig mit dem Yakuza-Genre. Eine Achterbahnfahrt auf Speed in Tönen und Bildern: mächtig, rasant, bizarr und düster.

-doc-

PsychologInnen hatten vor Ende der Fußball-WM davor gewarnt: Echte Fans könnten in der Woche danach in ein emotionales Loch fallen. Es sei denn, sie werden selber aktiv. Nun gelten MitarbeiterInnen von Kulturstätten völlig zu Recht nicht als besonders talentierte Kicker, aber vielleicht haben sie dafür eine Ahnung vom idealen Zeitpunkt. Fünf Tage nach dem Finale zwischen Brasilien und Deutschland trafen in Liefering die ARGE Allstars und die Rockhouse Ramlers in einem denkwürdigen Match aufeinander. Ergebnis: Kaum Verletzte, nach Toren endete die Partie 4:4. Gespielt wurde übrigens erstmals mit Frauenquote.

-wim-

lux.us in Salzburg. »lux.us« ist das Thema der Vernissage zum offiziellen „Opening“ der ersten österreichischen Textilkunst-Galerie. Werke der Künstlerinnen Evelyn Grill und Bettina Glück spinnen die Fäden zwischen Licht (Lux) und Luxus zu einem Geflecht phantastischer Konstruktionen in textilen Räumen. Vernissage am 12. September um 19.30 im Arthotel Blaue Gans.

Mehr zu textiler Kunst unter www.texart.at

-k.rin-