sommer 2002

Sabine Jenichl

„Die Waden sind akustisch schwerhöriger als die Brust...“

Von 25. bis 29. Juni findet im Theater Toihaus „SCHALL:ORTUNG – Klangkunst-Festival für Hören und Sehen“ statt

Ende der 80er Jahre von akustischen wie bildenden Künstlern ins Leben gerufen, ist die »Klangkunst« heute aus der Musikwelt nicht mehr wegzudenken. „So haben“, wie Werner Raditschnig, Salzburger Komponist und Klangkünstler, die Entstehungsphase beschreibt, „die akustischen Künstler den Weg vom reinen Konzert verlassen, die bildenden Künstler aber haben immer mehr Klänge dazugenommen“. Etwas später hat sich dann auch „die Wissenschaft mit »Klangkunst« beschäftigt“. Unter dem Begriff »Klangkunst« lassen sich verschiedenste Varianten akustischer Kunst subsummieren. Die am meisten verbreitete Ansicht, die Klanginstallation und nur diese sei zur »Klangkunst« zu zählen, ist, nach Ansicht von Raditschnig, „eine gewisse Einschränkung.“ Denn nimmt man die Ergebnisse verschiedenster Klangproduzenten, lassen sich, so Raditschnig weiter, ungleich „mehr Projekte der »Klangkunst« zuordnen, ohne mit dem eigentlich offenen Genre zu kollidieren“. Das Klangkunst-Festival »SCHALL:ORTUNG«, das von 25. bis 29. Juni im Theater Toihaus stattfinden wird, bietet »Klangkunst« in unterschiedlichsten Facetten: in verschiedenen Ansätzen zu Klangaktionen, Klang und Raum, Klang und Skulptur, Klang und experimentelles Musikinstrument.

Lediglich der Wiener Klangkünstler Oswald Putzer wird mit Installationen arbeiten. Im Foyer des Theaters werden zwei Skulpturen aufgebaut, in dessen Innenleben sich der Besucher begeben muss. Zum einen mit Atem-, zum anderen mit Herzrhythmen konfrontiert, setzt sich der einzelne - stehend wie liegend - den Klangwelten seines Körpers aus. Neben Putzer werden bei »SCHALL:ORTUNG« Künstler auftreten, die wie er in Salzburg noch nicht zu hören waren. Allen voran, der Amerikaner Tom Johnson, einer der radikalsten Minimalisten und Vertreter reduktiver Musikformen. Im Stück »Galileo« – »untersucht« wird die Schwingungsfrequenz eines Pendels – bleibt Johnson seiner Arbeitsweise, mathematische Formeln in Klang umzusetzen, treu.

Der Berliner Werner Durand («the art of buzzing«) und der Franzose Jacques Dudon (»lumieres audibles«) forschen schon seit Jahren an neuen Instrumenten. »Ethno-Minimalist« Durand baut experimentelle Blasinstrumente aus Plexiglas und PVC und bringt sie, beeinflusst von fernöstlicher Musik, zum Klingen. Dudon hingegen verwendet für die Klangerzeugung Licht. Das von ihm dafür entworfene Gerät »Lumiphon« – eine Art Lichttonsynthesizer – setzt sich aus mehr als 400, mit unterschiedlichen Mustern bedruckten Scheiben zusammen. Die Wienerin Cordula Bösze ist beim Festival mit der Klangaktion »Horvath – endlich Stille« vertreten. In Anlehnung an Ödön von Horváths Komödie »Zur schönen Aussicht« folgt Bösze in dieser Klangaktion weniger dem Text als vielmehr der akustischen Ebene des Theaterstücks. Zu guter Letzt entführt Werner Raditschnig gemeinsam mit der Performerin Karin Schlimp das Publikum durch das Zusammenwirken von Elektronik, Live-Action und Bühnenraum im gestischen Klangspiel »Tod in Venedig« in die Sphären eines surrealen Klangtheaters.

»SCHALL:ORTUNG« ist „kein Symposium für Spezialisten“, betont Raditschnig. »SCHALL:ORTUNG« ist vielmehr ein „Festival für Hören und Sehen, bei dem der Besucher in die Welt der sinnlichen Wahrnehmung entführt wird“.

Im Vorfeld des Festivals (22. bis 24. Juni) wird Tom Johnson einen Workshop durchführen und gemeinsam mit den Workshop-TeilnehmerInnen eigene Stücke zum Komplex »Pendelmusik« erarbeiten. Anmeldung und nähere Infos: Werner Raditschnig: Tel.: 0662/420479; e-mail:

werner.raditschnig@utanet.at