mai 2002

gehört

Musik

Lambchop

Is a woman

Virgin/City Slang

I can flick a cigarette butt

Further and with more accuracy

Lot of practice, i guess

Someday we will be editors

Ein Kollektiv von rund einem Dutzend Musikern aus den erzkonservativen Country-Mekka Nashville legt eine neue Platte vor und die Kritiker jubeln. Der Begriff »Meisterwerk« für »is a woman« ist nicht übertrieben. Kurt Wagner und seine Verbündeten haben eine Diät hinter sich gebracht, haben entschlackt. War es der Soul im Geiste von Curtis Mayfield, dem sie sich bei der letzen Veröffentlichung »Nixon« mit Opulenz verschrieben hatten, so ist die Neuveröffentlichung so ziemlich das Gegenteil: feinste Arrangements und fast schon kammermusikalische Miniaturen gekoppelt mit fein ironischen Texten. Der Reiz dieser Musik liegt im Weglassen und der Stille – weniger ist wieder einmal mehr. Und man fragt sich: Wie kann ein Dutzend Musiker nur so leise sein? Musik für die ganz abgeklärten Momente des Lebens.

-tömml-

Willi Opitz

Sound of Wine

Polygram

„Wer nicht kosten will, muss hören“ – auf diesen einfachen Nenner bringt Willi Opitz, Winzer aus Illmitz im Nationalpark Neusiedlersee, sein Opus (Opitz) One. »Recorded live on the 24th of December 1996« – während sich andre an Keksen vergingen, hängte der Spezialist für Spätlesen Mikros in seine Fässer und dokumentierte damit die Geräusche, die Muskat Ottonel, Pinot Blanc, Pinot Gris oder Grüner Veltliner bei der Vergärung produzieren. Was zuerst sortenrein zu hören ist, wird dann am Ende zu Quartett, Sextett oder Orchester zusammengemischt. Eine CD für alle Weinzampanos, die den Südhang am Geruch und die erntende Winzerhand am Geschmack erkennen. Aber Hand aufs Herz: Ich bevorzug die Verkostungen. Dafür schleck ich auch keine Musik-CD’s mehr ab.

Blubb.blubb – Blubb.blubb.blubb

-gg-

Various Artists

DOPE & GLORY

Reefer Songs der 30er & 40er Jahre

Trikont/Hoanzl

Werner Pieper, Herausgeber der »Flashbacks«-Sampler sowie Chef des Verlags »Die Grüne Kraft« hat wieder tief gegraben und dabei Jazznummern zu Tage befördert, bei denen es unverhohlen um »Vipers« (»Kiffer«) und den »Jive« (was sowohl einen bestimmten Musik- wie Sprach/Gesangsstil als auch gutes Dope meinte) sowie Joints und Reefers geht. Letztere wurden auch schon mal »Muggles« genannt. Was wiederum der Titel einer der berühmtesten Aufnahmen von Louis Armstrong ist. Mit dabei natürlich auch exemplarische Hipster wie Cab Calloway, Slim Gaillard (hier im Duo als Slim & Slam) sowie der legendäre »Black Jew«/»White Negro« Mezz Mezzrow, nachdem nicht nur ein Riesenjoint (»The Mighty Mezz«) benannt wurde, sondern dem wir auch das einschlägige Buch »Really The Blues« (dt. »Die Tüte und die Tröte«) verdanken.

Daneben aber auch jede Menge vielleicht nicht so bekannter Daten und Fakten.

So schrieb etwa der für die öffentliche Sicherheit von New Orleans zuständige Beamte im Jahr 1910, dass „Marijuana die entsetzlichste und verwerflichste Droge sei, die New Orleans erreicht habe“. Wobei sich der schlechte Einfluss vor allem darin zeige, dass es die Schwarzen denken ließe, sie seien so gut wie der weiße Mann. So was musste natürlich bekämpft werden. Als oberster Kämpfer gegen das „Loco-Weed, das Kraut, das einen verrückt macht“ erwies sich dabei der Ultrarassist Harry Anslinger, der schließlich in den späten 30er Jahren das Cannabis-Verbot in den USA durchsetzte. Wer danach Drogengenuss verherrlichte, wurde quasi mit einem Auftrittsverbot belegt, was u.a. zur Emigration vieler Jazz/Blues-Musiker nach Europa (hauptsächlich nach Paris) führte. Anslinger selber kämpfte stattdessen weiter gegen die „Gefahr der drogenkonsumierenden Neger“ sowie gegen die „Verniggerung“ der Musik durch Dopeheads wie Ella Fitzgerald, Fats Waller, Bessie Smith, Count Basie oder Louis »High Society« Armstrong. Als dieser einmal einen Fan (den damals noch einfachen Kongressabgeordneten Richard Nixon) bei einem Transatlantikflug traf und später um etwas Hilfe beim Gepäcktransport bat, zögerte Nixon nicht lange und trug stolz Satchmos Trompetenkoffer durch den Zoll. Nur ahnte der spätere Präsident der USA nicht, dass er gerade den kompletten Dope-Vorrat von Armstrong in die USA geschmuggelt hatte.

-didi-