mai 2002

Doc Holliday
zu gast

Der Rausch

„Somebody Put Something Into My Drink“ (The Ramones)

So heißt einer der schönsten Hadern der New Yorker Punks. Wer zu solch schmerzhafter Erkenntnis gelangt, hatte am Vorabend sicher Besuch - vom Rausch.

Manche Tage drängen sich förmlich auf, um sich in einen anderen Bewusstseinszustand zu versetzen. So etwa der 17. März: Jedes Jahr feiern die Iren an diesem Datum den St. Patrick`s Day. Das trinkfeste Inselvolk verehrt den Heiligen auf seine Weise: mit hemmungslosen und feuchtfröhlichen Festen. Und das inzwischen weltweit. Logisch, leben die Iren doch über den ganzen Erdball verstreut. Irish Pubs mit mehr oder weniger Original-Guinness finden sich noch in den hintersten Winkeln und abgelegensten Kaffs. Weil eine Pint des köstlichen schwarzen Getränks aber in unseren Breiten ziemlich teuer ist, konsumiert selbst der Stout-Verehrer Guinness (oder Murphys) nur alle heiligen Zeiten. ARGE-Beislwirt Franz Vierthaler hatte die glorreiche Idee dem irischen Nationalheiligen nicht nur am 17., der heuer auf einen Sonntag fiel, zu huldigen, sondern gleich drei Tage lang. Blitzgescheit und grundvernünftig. So konnte ein ganzes Wochenende für Erfrischungen genutzt werden.

Einer der Musiker, die am ersten Tag der irischen Extravaganza im Beisl für Musik sorgten, vergriff sich zu später Stunde im Ton. Auf seine - in irischen Pubs (nicht nur am St. Patrick`s Day) unerhörte und unbekannte - harsche Aufforderung an friedliche Gäste umgehend den Mund zu halten (damit er, der Maestro auf der Gitarre spielen könne), folgten bald Verbalinjurien und Vorbereitungen für Handgreiflichkeiten. Man muss nicht die Pogues und ihre Konzerte am St. Patrick`s Day kennen, um diese Mischung aus der Sensibilität der Kelly Family mit einer womöglich alkoholbedingten Streitsucht in der Tradition des O`Hooligan-Clans - ganz recht, das ist die irischen Rabaukenfamilie aus dem 19. Jahrhundert, die einer ganzen Kategorie von modernen Schlägern den Namen lieh - bestenfalls unpassend und lächerlich zu finden.

Da der Aufbruch aus der an diesem Abend ungastlichen Stätte so beschleunigt wurde, blieb allein eine positive Bilanz: Den Ehrengast Rausch bereits empfangen zu haben. Mit der Erkenntnis, wie treffend die oberösterreichische Volkskultur in Form des Innviertler Gstanzls die Zweischneidigkeit des ab und an unvermeidlichen Tschecherns beschreibt: „brauns bier i kenn di scho/host das mein vodaun dau/hiatzt dads das mia/leck mi in oasch du brauns bier“, schließt sich der Teufelskreis und wir sind wieder bei den Ramones gelandet.