mai 2002

Anton Gugg

Das Schweigen der Auktionsklingeln

Salzburgs Kunstversteigerer sind reif fürs Requiem

„Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten“ – dieses Verbalpräludium zum Silberklang der Auktionsklingel ist in Salzburgs Kunstversteigerungshäusern immer seltener zu hören. Sofern es diese Umschlagsorte für Altwaren und Antiquitäten noch gibt, denn für zwei Privatunternehmen ist der letzte Zuschlagshammer schon lange gefallen. Die Mozartstadt ist eben ein besonders harter Boden für die Kunst, wobei es kaum mehr einen Unterschied macht, ob das Gemälde oder die Skulptur von einem Alt- oder Jungmeister stammen. Beides landet etwa im eben privatisierten Dorotheum nach einigen erfolglosen offiziellen Durchgängen im Freiverkauf. An dieser Endstation für Unbegehrtes sind dann gelegentlich Kunstwerke, die einst teuer in Galerien gekauft wurden, zum »Entsorgungspreis« abzuholen. Solch tragisches Schicksal lässt die Einbringer meist aus allen Wolken der Illusion fallen und die »Beutehyänen« jubeln, die täglich das Erdgeschoß des einst staatlichen Hauses an der Schrannengasse durchstreifen.

Die »Stunde des wa(h)ren Wertes« schlägt in Salzburg für Antiquitäten immer öfter. Die Nachfrage sinkt - nicht ausschließlich konjunkturbedingt – ebenso wie die Lust von Besitzern, ihre Erbstücke unter immer schlechter werdenden Bedingungen zum öffentlichen Markt zu tragen. »Alte Dinge« heben nicht mehr den Status des Käufers, wie dies vor noch ein, zwei Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Die Erbengeneration hat bereits alles und sucht Abenteuer nicht mehr in der Konfrontation mit »verstaubtem« Bildungsgut oder neuer, nicht »börsennotierter« Kunst. Die Verschiebung der Interessenslagen und der Einkommensverhältnisses des Mittelstandes haben zu einem eklatanten Schwund der Käuferschicht geführt. Lange vorbei sind die Zeiten, als sich bei gut besuchten wöchentlichen Dorotheums-Nachmittagen Händlerschaft und Private heftige Bietgefechte lieferten. Heute herrscht im Zweiwochenrhythmus meist gähnende Leere in Salzburgs größtem Versteigerungssaal und bei den Festspiel-Auktionsterminen sorgen meist in Salzburg verliebte Italiener und ein Minigrüppchen bekannter Branchenhaie für einige wenige spektakuläre Zuschläge.

Die einstige Kunsteinkaufsstadt Salzburg ist heute mausetot. Zuviel Ware mag in die chicke Medien-Millionärs-City München mit ihrem halben Dutzend bekannter Häuser oder nach Wien abfließen. Was im abgestorbenen Kunstwinkel Salzburg bleibt, reicht keinesfalls für Dorotheums-Konkurrenten, die sich noch vor fünf Jahren mutig in die Acquisitionsschlacht gegen das damals noch monopolistisch sich gebärdende »Pfandl« stürzten. Als Ersten hat es den früheren Salzburger Dorotheums-Filialleiter Alwin Sargant erwischt. Hartnäckigster Einsatz reichte auf Dauer nicht, um das Überleben des ersten privaten Kunstversteigerers Westösterreichs auf Dauer zu sichern. Nach vier aufwändigen und kostenintensiven Katalog-Auktionen und erheblichen Verlusten musste der Alleinkämpfer den Auktionshammer einpacken. Der Magistrat hatte korrekt das Seine getan, um das superruhige Geschäft mit der Kunst im Betrieb in der Vierthalerstraße mit Auflagen zu beglücken. Auch Peter Miesl war Fortuna nicht gerade hold. Seine »Mirabell«-Auktionen in einem sündteuren Banken-Mietobjekt an der Faberstraße mussten kürzlich mit einigen Minus-Schilling-Millionen zusperren. Das Groschengeschäft mit Kommissionsware sowie Goldketterl- und Fahrrad-Pfändern war für die private Trägergesellschaft das Gegenteil von lukrativ. Zudem drehte sich hier die Negativ-Spirale von fehlender Attraktivität und Desinteresse des Publikums zu schnell für den Finanzpolster. Bleibt abzuwarten, wie groß die Steherqualitäten des »Kommissionshaus St. Rupert« in direkter Konkurrenzlage zum Dorotheum sind. Erst kürzlich haben die Erstbesitzer das Geschäft mit dem eher gemischten Warenangebot abgegeben.

Der Aufstand der Privaten gegen die für Salzburg überdimensioniert wirkende, vor einigen Jahren mit viel Aufwand modernisierte Dorotheums-Filiale hat vor allem Opfer gefordert und wie sich die neuen Besitzer des ehemaligen »Pfandl« eine Effizienzsteigerung in der Provinz vorstellen, steht noch in den Sternen. Alle Antiquitätenfreunde, die noch ein echtes Jägerherz besitzen, werden darauf nicht warten. Die pirschen ohnehin regelmäßig auf Österreichs größtem Flohmarkt auf der Lieferinger Trabrennbahn. Sollte an den spannungsvoll erwarteten Sonntagen die Sonne scheinen.