mai 2002

Thomas Neuhold
kommentar

Lernen Sie Geschichte!

Geschieht nicht Unvorhergesehenes, wird am Bahnhofsvorplatz noch heuer das »Mahnmal für die Opfer des Faschismus« enthüllt. Für SP-Bürgermeister Heinz Schaden ist die Errichtung des von Heimo Zobernig konzipierten Mahnmals „das wichtigste politische Statement der Stadt Salzburg in dieser Funktionsperiode.“ Dieser Einschätzung wäre nichts mehr hinzuzufügen, hätte es nicht rund um den Wettbewerb manche unnötige Wortausdünstung gegeben. Neben verbalen Schwitzflecken von ganz rechts waren auch Absonderungen zu vernehmen, die dem Mahnmal „wissenschaftlich“ seine Berechtigung absprechen wollen. Besonders hervorgetan hat sich »Historiker« Ernst Hanisch. Er verkündete via »Salzburger Nachrichten«, dass „der Begriff 'Faschismus' für Salzburg keine Gültigkeit hat.“ Der Begriff »Austro-Faschismus« (für die klerikal-faschistische Diktatur von 1934 bis 38; Anm.) sei eine Erfindung der DDR-Kommunisten. War also das Anhaltelager Wöllersdorf, in dem Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemokraten interniert waren, ein Luftkurort? Waren also Beschuss und Zerstörung von Arbeitersiedlungen ein Beitrag zur Wohnraumsanierung? War das bigotte Schulsystem der Marke »Zeugnis gegen Beichtzettel« gelebter Pluralismus? Da bleibt nur – frei nach Kreisky – eines zu sagen: „Lernen Sie Geschichte, Herr Professor!“

Hanisch übt aber auch die hohe Kunst der Widerlichkeit und kanzelt jene, die gegen den NS-Terror Widerstand geleistet hatten, mit den Worten „allesamt Fanatiker“ ab. Jemand, der Menschen, die für Demokratie und Menschenwürde ihr Leben lassen mussten, als Halbirre sieht, hat nicht nur historisch, sondern auch moralisch wenig begriffen. -tom-