april 2002

Doc Holliday
kommentar

„Sieger sehen anders aus.“

Wie in Salzburg einmal dank Franz Morak ein kleiner Punk-Aufruhr ausbrach

Punk in Salzburg, das klingt so plausibel wie ein Junkie mit Spritzenphobie. Zur Debatte steht nicht die Gegenwart, sondern die späten 70er und frühen 80er Jahre, als der Lebens- und Musikstil Punk eine befreiende Rebellion statt Larmoyanz und Selbstmitleid transportierte. Einige wenige heimische Einzelkämpfer lernten den Punk schon 1976/77 in London kennen und importierten Attitüde wie Platten in die Mozartstadt. Unwesentlich später betrat Salzburgs erster Punk (was Haltung und Erscheinungsbild betraf) die Bühne: »Rentier-Lois«. So genannt weil er eine kleidsame, aus diversen Fellresten selbst gebastelte Lederjacke, verziert mit Mercedes-Sternen, zu tragen pflegte.

Dazu die obligaten Sicherheitsnadeln in Mund, Wange und Ohrwaschel.

Im Frühjahr 82 tourte Franz Morak, damals hauptsächlich Sänger und „Anarchist des Rock n Roll“ (Selbsteinschätzung) durch Österreich. In Salzburg machte der heutige Kunststaatssekretär mit seiner Show in der Großen Aula der Uni Station. Ein würdiges Ambiente für Moraks „hysterische Endzeitoperetten“ (Günter Brödl), die mit Punk a la Ramones, Sex Pistols oder Clash wenig zu tun hatten, aber wie alles Dubiose damals unter diesem Begriff eingeordnet und vermarktet wurden. Der Lois begnügte sich nicht mit den ironisch-witzigen Texten Moraks, sondern arbeitete „aus Fadesse“ (wie er später zu Protokoll gab) an seiner Version der Apokalypse. Sein Versuch, Kabel umzustecken wurde gerade noch vereitelt, den anwesenden Polizisten die Puffn abzukaufen gelang auch nicht, also zettelte der Fellträger eine ordentliche Schlägerei an. Gegen fünf Pinzgauer Buam blieb er erwartungsgemäß zweiter Sieger. Bereits blutverschmiert reichte Lois die musikalische Performance Moraks endgültig. Aus Protest marschierte der Lehener Sid Vicious einfach durch die geschlossene Glastür beim Eingang. Diese Form der praktischen Musikkritik führte mitsamt den anderen Verwüstungen – 14 Rokokostühle und Wandteppiche blieben arg ramponiert zurück (die Täter sind bis heute nicht ausgeforscht) – zu einem Verbot von Rockkonzerten in der Aula. Den ganzen Bahöl verursachte jedenfalls der „Exekutor in einer Rock n Roll Gang“, Franz Morak. Eine derart segensreiche Wirkung

lässt der Herr Kunststaatssekretär seither vermissen.