april 2002

Hannes Schlosser
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„Was hat uns Olympia gebracht?“

Längst hätte sich Innsbruck wieder um Olympia beworben, hätte sich nicht 1992 für den Antrag eines SP-Gemeinderates eine Volksbefragung durchzuführen, eine (unbedachte) Mehrheit gefunden. Ein Jahr später sagten 73,5 Prozent der InnsbruckerInnen (Wahlbeteiligung 45 Prozent) „Nein“ zu einer Bewerbung für Olympia 2002. Vier Jahre später waren immerhin 52,6 Prozent (Beteiligung 36 Prozent) dagegen.

Bei beiden Volksbefragungen von 1993 und 1997 haben alle Gemeinderatsfraktionen mit Ausnahme der Grünen die Olympiapläne unterstützt. Umso überraschender sind die Abstimmungsergebnisse zu bewerten. Noch dazu wo es außerparlamentarische Aktionen gegen Olympia faktisch nicht gab. 1997 etwa gab es neben der Nein-Kampagne der Grünen phantasievoll gestaltete Klebezettel von bis heute anonymen UrheberInnen, sonst nichts.

Die Gründe für die mehrheitliche Meinungsbildung in der Bevölkerung heißen im wesentlichen 1964 und 1976, jene Jahre in denen Innsbruck olympischer Gastgeber war. Wer mit damals bereits erwachsenen InnsbruckerInnen redet, erhält auf die Frage: „Was hat uns Olympia gebracht?“ mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Antwort, in der von Schuldenbergen, Verkehrschaos, Teuerungswellen und bis heute sichtbaren Bausünden (Olympische Dörfer, etc.) die Rede ist. Positive Erinnerungen sind fast nur von unmittelbar Beteiligten (und sei es als Ordner) zu hören.

Alle Versuche der Pro-Propagandisten, gegen die - auch von vielen Jüngeren übernommene – ablehnende Sichtweise anzukämpfen, sind bisher gescheitert. Die Drohung mit dem touristischen (und damit wirtschaftlichen) Niedergang der „Sportstadt Innsbruck“ fruchtete ebenso wenig, wie die Verlockung eines „ökologischen Ausgleichskonzepts“ oder das Argument, Olympia sei dank TV- und Werbeeinnahmen inzwischen ein „sicheres Geschäft“.

Wie berechtigt diese Zweifel waren und sind belegt ein Blick auf den im Zuge der Kampagne für die Bewerbung 2002 im Jahre 1996 entstandenen Umweltplan. Damals war ein unter der Leitung des Umweltanwaltes des Landes erarbeiteter umfangreicher Maßnahmenkatalog als Teil des Gesamtprojektes vorgelegt worden. Bis heute ist ein »Leitbild für eine nachhaltige Entwicklung Tirols« ebenso Zukunftsmusik wie ein »Umweltprogramm auf Landesebene«. Bezeichnend ist der Umgang mit Innsbrucks Olympiaberg, dem Patscherkofel. Ein im geschilderten Zusammenhang vom Alpenverein vorgelegtes »Raumordnungsprogramm Patscherkofel« unternahm den Versuch, einen langfristigen Interessensausgleich zwischen touristischer Nutzung und Schutzmaßnahmen vorzunehmen. Aber spätestens seit ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel 1997 von der Stadt Innsbruck Pisten und Lifte am Patscherkofel günstig erworben hat, sind die angepeilten Endausbaugrenzen in weite Ferne gerückt. Zwischenzeitlich wurden Lifte gebaut, es wird flächendeckend beschneit, jetzt soll eine zweite Talabfahrt ins Landschaftsschutzgebiet geschlägert werden. Die Vorgangsweise entspricht dem Muster der Salamitaktik, wobei sich Schröcksnadel konsequent weigert Verbindliches über Endausbaugrenzen zu formulieren.

Zeitgleich werden aus den Schubladen der Liftbetreiber im ganzen Land Ausbauprojekte hervorgeholt, die jenseits der Beschränkungen der vom Land formulierten Seilbahngrundsätze angesiedelt sind. Unter dem Diktat vermeintlicher ökonomischer Zwänge droht der mit Aufstiegshilfen weltweit am besten erschlossenen Region der Welt eine neue Erschließungswelle in der es u.a. auch um Tirols Gletscher geht.

Der neue VP-Obmann und vermutliche künftige Landeshauptmann Herwig van Staa profiliert sich als einer der Propagandisten dieser Tendenz. Da ist es nicht verwunderlich, dass van Staa unmittelbar nach den Spielen in Salt Lake City über eine Bewerbung Innsbrucks für das Jahr 2014 räsonierte, vorausgesetzt, jene von Salzburg für 2010 würde erfolglos bleiben.