april 2002

Hans Haid
titel

zum UNO-jahr der berge

zum UNO-jahr des ÖKOTOURISMUS alles im jahre 2002

aber der transit rollt durch die täler. das inntal verseucht. die brenner-route verstunken und verloren. mutterschaft ade zwischen abgas und blei. amen und die herren in brüssel fahren über uns drüber. totale freiheit dem freien warenverkehr. freie sicht aufs mittelmeer; nieder mit den bergen !

der aufstand gegen die transithorden? gegen heilige EU-privilegien? morgen sind wir wieder bei der blockade dabei, im »jahr der berge« besetzen wir brenner, gotthard, tauern, mont blanc und arlberg. wir werden es noch erleben. sie nehmen uns auch noch den schnee. sie nehmen uns auch noch das wasser aus unseren bergen. Gletscherluft und totale freiheit denen in brüssel, denen in rom, denen in wien und paris. wir ÄLPLER wehren uns. wie?

gestern mit dreschflegeln und bauernaufstand. heute mit der poesie wenns noch eine gäbe. aber alle poeten, schriftsteller, politagiteure des wortes schweigen, halten den mund, fahren selbst in den bergen schi. alle schweigen zu den aktuellen problemen ausverkauf, degeneration der älplerischen kulturen, lederhosen- und schweinsbarock-scheußlichkeiten. fragwürdige gletscher-events, millionen in die perversion und bergzerstörung gesteckt. Sölden und ischgl als widerlichste protagonisten der neuen »zuhälter des ewigen schnees« (maurice chappaz). solange es die »ewigkeit« noch gibt.

das andere UNO-jahr existiert nicht. ist totgeschwiegen. ist zu heiß in den kalten höhen der ausbeutung, in den luxusherbergen von porno-alpin, in den massen- tourismuszentren der alpen und der berge. jahr des „ökotourismus"? begraben und stillschweigend in den tunnels vergraben.

die »ballermänner« mit der neuen aIpenkultur; striptease der bierbäuche. etliche obstler und sie tragen sich splitternackt zu markte. bierbauchgehänge und die primitivste kulturszene der alpen.

so also denke ich mir das eine extrem der berge: geschändet. mißbraucht. zu geld gemacht. pervertiert. auf dem weg in den abgrund.

daran denke ich beim anderen extrem: sterbende täler in vielen bergregionen der erde. ausgeraubt. transitverseucht. abgewanderte bergbauern-kultur. das blüht uns auch noch: riesige fremdbestimmte ausbeutungsstationen.

die alte HEILIGKEIT der berge ist vergessen. die scheu vor gletschem, lawinen & muren. verschone uns o herr! morgen ein neues galtür? morgen die berge zusammenstürzend? die leichen mittendrinn. die geistig geköpften. die transite mitten durchs herz. in den aufgeschlitzten geldwampen der zuhälter des letzten schnees die fäulnis, euroscheine, verschimmelte pommes allzumal.

ich will ja mitmischen und will sozusagen gegensteuern. ich allein? wo stecken die österreichischen kuItur »schaffenden«, die literaten, protestsänger, kabarettisten? nein, nein: die alpen und die berge sind kein thema. ich hocke allein in meinem bergnest auf 1700 meter. ich schreie.

aber niemand hört mich. dann kommen sie und verhaften den letzten klagenden und schreienden dichter.

amen.