april 2002

Doc Holliday
grausame orte

Dringende Geschäfte im Mirabellviertel

Ein Wasserstandsbericht

Die Malaise ist nur allzu bekannt: Salzburg gehört zu den meistbesuchten Städten Europas. An Spitzentagen kommen zirka 50.000 Berufs- und Ausbildungspendler, etwa 60.000 Stadtbesucher aus dem Umland und rund 30.000 Kurzzeittouristen. Letztere erreichen die 145.000 Einwohner zählende Salzachmetropole vorzugsweise mit dem Reisebus. Legt man die in den Jahren 1994 bis 1996 ausgegebenen Parkkarten zugrunde, addiert sich die Zahl der jährlich in Salzburg einfallenden Reisebusse auf etwa 25.000. Diese dürfen in der Innenstadt nicht (legal) parken.

Vor rund zehn Jahren verfielen die Stadtväter auf eine hierorts beliebte Lösung - das (ewige) Provisorium: Als (vorübergehende) Ein- und Ausstiegsstellen für die Reisenden erkoren die umsichtigen Planer damals die Terminals Süd (Erzabt-Klotz-Straße) und Nord (Paris-Lodron-Straße). Gerade in letzterer stören die Busungetüme durch illegales Parken nicht nur den Verkehr. (Wo bleiben hier die strengen Polizeikontrollen, denen in der nahen Linzer Gasse etwa Sandler ausgesetzt sind?). Die Hauptbelästigung für die Anrainer besteht einerseits in der durch laufende Motoren verursachten Luftverpestung, andererseits in der fehlenden oder zumindest nicht ausreichenden Infrastruktur für die Touristen. Man lässt die Besucher wortwörtlich im Regen stehen (wie sollte es anders sein, wenn kein Dach über dem Kopf und keine Sitzbank vorhanden ist). Vielleicht geschieht dies auch bloß aus medizinischen Gründen. Zuviel Sitzen ist ungesund! Zur Fitness versprechenden Bewegung animiert die Terminalpassagiere vor allem die Verrichtung ihrer grundlegenden menschlichen Bedürfnisse. Mangels eines Abortes markieren die auf Evakuierung Hoffenden die Gegend rund um die Ein- und Zusteigstelle, also Hinterhöfe, Stiegenhäuser und Durchgänge, mit ihrer Notdurft. Ungewollt zollen die Freistil-Schiffer so wenigstens der Semantik den gehörigen Respekt: provisorisch bedeutet bekanntlich notdürftig. Vielleicht stellt das öffentliche Wasserabschlagen auch nur eine subtile Form der Kritik an den häufig doch leicht überhöhten Preisen in der Innenstadt dar. In der angeblich ruhigen, aber von Jagatee und Glühwein heftig angetriebenen Adventszeit 2001, schlug das Thema derart hohe Wellen, dass der Stadtsenat mehr als 218.000 Euro freigab, um Linderung versprechende WC-Anlagen zu errichten. Mutmaßlicher Fertigstellungstermin: Ende des heurigen Jahres. Derweil legte die Wirtschaftskammer in Abstimmung mit dem Sozialpartner AK ein Konzept für das Projekt »Busterminal-City-Tunnel-Kapuzinerberg« vor. Diese Untertunnelung würde aber, so Stadtrat Johann Padutsch, nur zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen in der Innenstadt führen. Eine vernünftige Lösung scheint nicht in Sicht.