märz 2002

Doc Holliday

Herrgottsakrament! Die Roten kumman! oder: „Du hast keine Chance, aber nutze sie“ (Herbert Achternbusch)

Eine Reise zu den Demokratischen Sozialisten Bayerns

Bayern ist bekanntlich ein Freistaat. Als solcher vor allem frei von Sozis und anderem Gesindel. Zur Überprüfung dieser seit der Münchner Räterepublik gültigen Folklore, eignet sich die bevorstehende Kommunalwahl vorzüglich. Am 3. März schreiten die Lederhosen- und Laptopbazis zu den Urnen.

Ein schöner Brauch, der Pflege verdient. Obwohl in den meisten ländlichen Gemeinden die Ergebnisse ohnehin schon feststehen: Wie einst die SED in der DDR kommt die CSU in Bayern oft auf 80 bis 90 Prozent Stimmenanteil. Daran konnte keine Amigo-Affäre etwas ändern. Weder der momentan aktuelle Skandal, das Erschleichen von Spendenzuschüssen, noch die Verstrickung der CSU in den Leuna-Verkauf wird die Majorität der Wähler im Freistaat beunruhigen. Der Bayer ist zwar ein Anarchist und Sturschädel, der in seinem Reservat aber unter dem strengen Regime des Landfunks lebt. Höchstens für ihre Drogen gehen die Gaudiburschen schon einmal auf die Barrikaden: Der »Verband zur Bekämpfung betrügerischen Einschenkens« oder Biergartenrevolten zwecks längerer Öffnungszeiten und billigerer Räusche belegen dies lautstark. Ist der köstliche Gerstensaft in Gefahr, lassen sich selbst die Urviecher zur Revolution animieren.

In diesem dumpfen Klima versucht auch die PDS mitzumischen. Die demokratischen Sozialisten wissen schließlich was Populismus bedeutet. Nach mühsamen Anfängen (die vereinzelten Mitglieder erlangten wegen rechtsextremer Drohungen und staatlicher Willkür den bloß in Masochistenkreisen beliebten Freiwild-Status) vermeldet eine Presseaussendung vom 21. Jänner euphorisch: „Vier bayerische PDS-Gruppen haben die erste Hürde zur Kommunalwahl erfolgreich genommen. In Augsburg, Eichstätt, München und Nürnberg erreichte die PDS die notwendigen UnterstützerInnenunterschriften. Der Aufwärtstrend der Partei in Bayern setzt sich somit fort“. Gern würde die Bundes- und Landespartei am 3. 3. ihre ersten bayerischen Stadträte feiern. Varreckte Hund sans jo scho.

Irgendwie sollte der Machtschnupperplan der roten Wadlbeißerstutzen aber auch die schwarzen Unschuldsschafe in der bayerischen Landesregierung erfreuen. Die Saubermänner, die in den seligen Zeiten des polternden Antikommunisten Franz Josef Strauß heimlich gern profitable Deals mit den roten Beelzebuben in der DDR abwickelten, hätten endlich noch eine bessere Erklärung, warum sie die PDS vom bayerischen Verfassungsschutz mit geheimdienstlichen Methoden überwachen lassen. Eine linksradikale Organisation, deren Politstar Gregor Gysi sich inzwischen von der Planwirtschaft distanziert hat und die im Freistaat mit knapp 500 Mitgliedern aufwarten kann, scheint wirklich dafür prädestiniert den Untergang des christlichen Abendlandes einzuleiten. Der bayerische Verfassungsschutz beschäftigt (ohne V-Leute?) übrigens gut 400 Mitarbeiter. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Bewachern und Bewachten, das persönliche Betreuung garantiert.

Das Grenzland zu Salzburg bleibt unbehelligt von roter Agitation. Schließlich befinden sich die nächsten Bastionen der PDS in Traunstein oder Passau. In Freilassing sucht der Polittourist vergeblich nach Spuren fortschrittlicher Gesinnung. Dafür existiert die »FWG«, soll heißen »Freie Wählergemeinschaft Heimatliste Freilassing«. Deren Slogan „frei, sachlich, gut“ übertreffen nur noch die Grünen: „Uns geht es nicht um die Macht, sondern ums machen“. Eine Aussage, die die Bundespartei jeden Tag aufs Neue Lügen straft. Apropos Verlierer: Der große bayerische Sturschädel und Künstler Herbert Achternbusch hat einmal über Bayern gesagt: „Diese Gegend hat mich kaputt gemacht und ich bleibe solange, bis man ihr das anmerkt“. Ob das auch für die PDS gilt, wird die Zukunft zeigen.