märz 2002

kurzfehler

kurzfehler

Nähere Informationen zur demnächst erscheinenden Postkartenedition »Unschärfen. Zur Gegenwart von nationalsozialistischer Vergangenheit in Salzburg« (der »kunstfehler« berichtete in der Jänner-Ausgabe) können ab Anfang April unter www.unschaerfen.at abgerufen werden.

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Nichts gefunden – denn Salzburgs Kulturstätten halten den Prüfungen des Landesrechnungshofes stand. Nach der ARGE im Vorjahr waren nun die Elisabethbühne, das Toihaus, das Filmkulturzentrum DAS KINO, und die Galerie 5020 an der Reihe. Es gab eine Reihe von Empfehlungen der obersten Prüfinstanz, prinzipiell wurde aber festgestellt, dass die Vereine „nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ arbeiten. Hätte irgendwer anderes vermutet?

-toemml-

Auch heuer präsentiert das Festival des österreichischen Films, die Diagonale (vom 18. bis 24. März in Graz), in ihrem Programm einen Streifen des Studio West. Am 19. März wird »Bis zum letzten Tröpferl« im Grazer Schubertkino seine Welturaufführung feiern. Der Kurzdokumentarfilm von Karin Helml und Sina Moser porträtiert das Salzburger Tröpferlbad, dessen Wasserhähne mit der finalen Film-Klappe endgültig abgedreht wurden. Für die Benützer hieß es: „Gehts Euch brausen!“ Aber wohin? Antwort: Demnächst ins Kurhaus. Dort soll der Film im April mit großem Splish-Splash seine Salzburger Erstaufführung erleben. Details im nächsten »kunstfehler«!

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Heinz Kitzmantel, Leiter der Staatspolizei Salzburg, ist enttäuscht. Nach der Anti-WEF-Demo im vergangenen Sommer hatten seine Beamten monatelang Erhebungen durchgeführt, Videos gesichtet und schließlich in nicht weniger als 79 Fällen Anzeige wegen Landfriedensbruchs erstattet. Jetzt werden die Verfahren aller Voraussicht nach eingestellt. Landfriedensbruch liegt laut Strafgesetzbuch dann vor, wenn jemand „wissentlich an einer Zusammenrottung einer Menschenmenge teilnimmt, die darauf abzielt, dass unter ihrem Einfluss ein Mord, ein Totschlag, eine Körperverletzung oder eine schwere Sachbeschädigung begangen werde“.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat die Anzeigen zwar auf dem Tisch, doch weiß sie nicht viel damit anzufangen. Zum einen war die Schadensbilanz in der Wolf-Dietrich-Straße bei genauerem Hinsehen nicht wirklich erschreckend. Nicht eine Scheibe ging zu Bruch. Vor allem aber wird es kaum gelingen, den Eingekesselten ein vorsätzliches Handeln und Verabredung nachzuweisen. „Soviel ich von meinen Leuten gehört habe, werden wir das Delikt Landfriedensbruch nicht weiter verfolgen“, erklärte der leitende Staatsanwalt Friedrich Ginthör gegenüber dem Freien Radio Salzburg – Radiofabrik. Stapo-Chef Kitzmantel, dessen Behörde dafür bekannt ist, dass sie die Justiz für gewöhnlich mit – wie es im Gerichtsjargon heißt – „pfannenfertigen Anzeigen“ versorgt, auf diese Entwicklung angesprochen: „Ja wenn es sich die Staatsanwaltschaft so leicht macht ...“

Das alles heißt freilich nicht, dass für alle Angezeigten die Sache damit gelaufen ist. Nach dem »kunstfehler« vorliegenden Unterlagen sind in einigen »Fällen« die Vorladungen zur Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter schon zugestellt worden. Darunter übrigens auch dem Leiter des Salzburger Friedensbüros Hans Peter Grass, der beim Versuch am Rande des »Kessels« zu vermitteln, in die Fänge der Exekutive geriet.

-wim/tom/red.-

4th of July: Die Umbauarbeiten gehen planmäßig voran, am 4. Juli wird im Rahmen der »SommerSzene 02« das alte »Stadtkinohaus« – unter neuem Namen – wiedereröffnet. Ein offenes Kulturhaus mit Bar und Restaurant, bis zu 600 Plätzen, einer variablen Bühne wie auch Tribüne – und das mitten in der Stadt. Einen Vorgeschmack auf die SommerSzene 02 gibt es übrigens von 10. bis 20. Mai im Toihaus und im Schüttkasten.

-toemml-

Kultur-Kameraden: Das Salzburger Vereinshandbuch überrascht uns wieder mit einem ganz zeitgenössischen Kulturbegriff: Unter dem Stichwort »Kulturelle Verbände« ist doch glatt an erster Stelle zu lesen: Kameradschaft Landesverband. Da kann der Tagesbefehl doch nur lauten: Kameraden, bucht um! »kunstfehler« statt »Der Kamerad« abonnieren!

-red.-

Kopfgeldjagd auf österreichisch: Als eine der Nachwehen der letzten Volkszählung erhielten in den vergangenen Monaten rund 70.000 Menschen vom Innenministerium Aufforderungen, Stellungnahmen über ihren Lebensmittelpunkt und den angegebenen Hauptwohnsitz abzugeben. Ursache dieses staatlichen Interesses an den Lebensgewohnheiten unbescholtener BürgerInnen sind die von (Zweitwohnsitz-)Gemeinden angestrengten Reklamationsverfahren nach dem Meldegesetz. Jeder Kopf bringt Geld. Diese alte Wildwestregel gilt auch für die Zuteilung der Gemeindebudgets. Das sowohl die Bundesverfassung als auch das Meldegesetz die freie Wahl des Hauptwohnsitzes garantieren, wird dabei geflissentlich verschwiegen. Im Innenministerium bearbeiten derzeit rund 400 Beamte die eingelangten Begründungen. Kafka schau oba!

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Ausgezeichnet! Dass das »Jazz im Sägewerk« im Gasteinertal ausgezeichnete und innovative Kulturarbeit leistet, zählt zum Allgemeinwissen. Das sah nun auch die Gemeindevertretung Bad Hofgastein ein und zeichnete die Kulturinitiative mit Euro 2180,– aus. Gratulation!

-toemml-

„Blattschuss!“ Friedrich Urban, nunmehr ehemaliger Leiter des ORF- Salzburg sieht sich wohl nicht zu Unrecht als »politisches Opfer«. Dem erfolgreichen Intendant, der für ein liberales, offenes und kulturfreundliches Klima stand, wurde im Zuge der neu objektivierten »Postenvergabe« der Vertrag nicht verlängert. Die Jagdgefährten von Landeshauptmann Franz Schausberger waren diesmal die beiden Salzburger Stiftungsräte Helga Rabl-Stadler und Matthias Limbeck – der Lebensgefährte der Salzburger ÖVP Geschäftsführerin Gerlinde Rogatsch. Alleine der von den Grünen nominierte Wolfgang Zinggl stimmte gegen den Abschuss. Ob sich der Kurs unter Nachfolger Hubert Nowak ändern wird? Dem Redakteursrat schwante schon Böses – er verlangte eine Garantie, dass der bisherige parteiunabhängige Kurs auf Basis von Rundfunkgesetz, Programmrichtlinien, Mediengesetz und Redakteursstatut fortgeführt werden kann.

-red.-

Eine Vergangenheit, die scheinbar nie vergehen will, belastet nach wie vor das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde. Wie der »kunstfehler« im Sept./Okt. 2000 berichtete, führt das Institut die Zusatzbezeichnung Richard-Wolfram-Forschungsstelle. Besagter Herr Wolfram trat bereits 1932 der NSDAP bei und leitete von 1938 an die »Lehr- und Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde« des »SS-Ahnenerbes«. Mithin also die direkt dem Reichsführer SS Heinrich Himmler unterstellte Abteilung, die den »wissenschaftlichen« Nachweis der geistigen Überlegenheit der arischen Rasse und die Rechtfertigung für die geplante Weltherrschaft erbringen sollte. Wolfram, der ehemalige Sonderführer der Waffen-SS im »Germanischen Wissenschaftseinsatz« – der im Übrigen seine Karriere in der 2. Republik nahezu bruchlos fortsetzen konnte, schloss 1985 einen Vertrag mit dem Institut für Volkskunde, in dem dieses sich verpflichtete den Zusatz »Richard-Wolfram-Forschungsstelle« als Gegenleistung für die Überlassung des Forschungsnachlasses des völkischen »Stoßtruppwissenschafters« zu führen. Die Entfernung der Zusatzbezeichnung betrifft somit nur die Schilder am Gebäudeeingang, nicht aber den offiziellen Institutsnamen. Institutsleiterin Ulrike Kammerhofer rechtfertigt diese Haltung damit, dass so verhindert würde, dass der Nachlass in falsche Hände gerate, und zudem Missbrauch und Instrumentalisierung von Wissenschaft und Kultur aufgezeigt werden könnte. Für die von den Nazis fast vollständig vertriebene wissenschaftliche Intelligenz (im Unterschied zum pseudowissenschaftlichen Rassenpflegepersonal) interessiert sich das offizielle Österreich nach wie vor kaum.

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Intermezzo – kurz nur war Hans Berginz Chef der Kulturabteilung des Landes. Monika Kalista, bislang »Director General for Cultural Affairs« im Aussenamt, kehrt nach Karenzierung wieder zurück und übernimmt ab September die Leitung des Amtes.

-red.-