jänner-februar 2002

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Die Stadt soll nicht in Schönheit erstarren

Spätestens seit der Neueröffnung des Makartsteges gilt das Planungsbüro »Halle1« als wichtige Innovativkraft der Salzburger Architekturszene

Herrgottswinkelgemütlichkeit kommt nicht auf in den Büroräumen von »Halle1«. Der Schlichtheit des Interieurs aus Beton, Glas und Chrom steht jedoch ein atemberaubendes Panorama gegenüber: Die vom Boden zur Decke reichenden Außenfenster des Sitzungszimmers ermöglichen den Blick auf den Untersberg und den ganzen Südwesten der Stadt. Seit Juni 2001 residiert »Halle1« mit seinen insgesamt acht MitarbeiterInnen in dem von ihnen selbst entworfenen Büro- und Geschäftshaus an der Innsbrucker Bundesstraße, erzählt Gerhard Sailer. Sailer (Jahrgang 1955) und sein Partner Heinz Lang (Jahrgang 1951) sind die Köpfe des Architekturbüros »Halle1«.

Vor fast 15 Jahren wagten die beiden den finanziell unsicheren Schritt in die Selbstständigkeit. Heute kann man Halle1 als arriviert bezeichnen. Mit Projekten wie der Feuerwache Schallmoos und dem Makartsteg zählen Lang und Sailer zu den Einflussreichsten der Salzburger Architekturszene. Und die hätte sich in den letzten Jahren bemerkenswert entwickelt, meint zumindest Gerhard Sailer. „Es gibt wirklich gute Beispiele für moderne Architektur in Salzburg, manche sind leider nur wenigen bekannt.“ Im Denken der Stadtverantwortlichen habe sich einiges geändert, so etwas wie den neuen Makartsteg hätten sie sich vor einigen Jahren selbst nicht vorstellen können. Der neue Makartsteg, mit einem Bauvolumen von gut 50 Millionen Schilling, ist ein im wahrsten Sinne des Wortes herausragendes Beispiel zeitgenössischer Architektur in Salzburg. Die gebogene Stahlkonstruktion, die auf einem einzigen Pfeiler ruht, fügt sich markant aber geschmeidig in das Salzburger Altstadtbild ein.

Anfang 2001 wurde das »Künstlerhaus« von »Halle1« umgebaut und renoviert. Ziel dabei war es, den ursprünglichen gründerzeitlichen Bau herauszuschälen und dabei gleichzeitig zeitgenössische architektonische Neuerungen zu verwirklichen. Mit dem »Blauen Haus« beim Neutor setzten Lang und Sailer einen modernen Neubau an den Rand des historischen Stadtkerns, denn für »Halle1« ist klar, dass moderne Architektur in die Salzburger Altstadt gehört. Das Weltkulturerbe würde sonst langsam zum Museum verkommen. „Architektur hat nicht so viel mit Ästhetik zu tun, sondern soll die Stadt lebenswert machen, die Stadt soll nicht in Schönheit erstarren“, beschreibt Lang die Philosophie des Architektengespanns.

Aber nicht nur für die Altstadt haben Sailer und Lang visionäre Projekte erarbeitet. Für die Wohnsiedlung »Glantreppelweg« haben die beiden ein System aus vorgefertigten Holzelementen verwirklicht. Für die geplante S-Bahn in Salzburg entwarf »Halle1« ein variables Modulsystem. Die Bauelemente können kostensparend für alle Stationen angewendet werden und entsprechen dennoch nicht dem anonymen Eisenbahndesign.

Eine große Herausforderung für Sailer, Lang und das Halle1-Team ist derzeit sicher der »Mississippidampfer« vor dem AVA-Hof. Dort wurde bereits Anfang der 50er Jahre nach den Plänen von Josef Becvar ein zweistöckiges Glasgebäude errichtet. Die SalzburgerInnen nannten das Bauwerk aufgrund seines Aussehens »Mississippidampfer«. 1974 wurde das Haus, das als Caferestaurant und Fahrkartenbüro diente, abgerissen. Dort, wo jetzt eine begrünte Verkehrsinsel steht, soll nun erneut ein urbanes Kommunikationszentrum aus Glas und Stahl entstehen, das den gesamten Bereich neu strukturieren und beleben soll.

Für die Umsetzung ihrer Projekte suchen die beiden zwar grundsätzlich den konstruktiven Diskurs, Konflikte mit den berüchtigten Salzburger AltstadtpuritanerInnen sind dennoch nicht ganz auszuschließen. Lang und Sailer sehen dem allerdings wie immer gelassen entgegen: „Von Anfang an war nämlich das Humorelement ganz wichtig in unserer Zusammenarbeit.“