dezember 2001

Didi Neidhart
gehört

gehört

Musik

Louie Austen

Only Tonight

Kitty-Yo

Der Wiener Hotelbar-Crooner lässt erneut Dean Martin im Spannungsfeld moderner elektronischer Tanzmusik vom Blickwinkel des Thekenendes wiederauferstehen. Diesmal steht ihm nicht nur der abstrakte Electronic-Tüfftler Mario Neugebauer zur Seite, sondern auch Patrick Pulsinger. Und die drei schaffen eine Cocktail-Melange, die zu Herzen (gebrochenen natürlich) geht und mächtig in die Tanzbeine fährt. Dabei gibt es mit »Amore (I Love You)« sowieso den Megaknaller des Jahres. Aber wie sang schon »Little Ole’ Winedrinker« Dino Crocetti: „When the moon hits your eye like a big pizza pie that's amore”. Mehr kann zu »Only Tonight« auch nicht gesagt werden. Kaufen und in Liebe Fallen!

Various Artists

Fanfares En Dèlire –

Golden Brass Summit

Network

Balkanesische Blasmusik klingt in unseren Ohren ja nicht mehr so exotisch wie noch vor Jahren. Dennoch zeigt dieser 2CD-Sampler, dass es noch genügend zu entdecken gibt und sich die Vielfalt dieser Musik nicht nur aus ethnischen Unterschieden speist. Gerade wenn einem hier wildeste Bastardisierungsexzesse in Sachen Balkan-Blasmusik regelrecht um die Ohren gedroschen werden. Dabei reicht das Spektrum von High-Speed-Polkas in absoluter Schräglage bis hin zu schon reichlich spirituosengetränktem Slow-Motion-Gebläse, das eigentlich nur mit »Trance With The Trumpets« umschrieben werden kann. Klarer Fall von »ostHÖRweiterung« in full effect!

Various Artists

Populäre jüdische Künstler

Musik & Entertainment

1903 – 1939

Trikont

Das Münchner Trikont Label hat wieder tief gegraben und erneut Verschollenes ans Tageslicht gebracht. Diesmal in doppeltem Sinn. Wurden doch die hier vertretenen KünstlerInnen aus Hamburg, Berlin, München und Wien (u.a. Karl Farkas, Fritz Grünbaum, Karl Kraus, Hermann Leopoldi) wie auch ihre Musik von den Nazis bis zur physischen Vernichtung verfolgt und bekämpft. Dabei geht es nicht nur um den »jüdischen Witz«, dessen dialektischer Grundcharakter seither fehlt. Viel eher erstaunen anti-antisemitische Polit-Stücke (Franz Engel: »Neulich beim Friseur«) sowie die Tatsache, wie wenig hier als primär/spezifisch »jüdisch« identifiziert werden kann (etwa beim urbayrischen Mundartsänger Julius Thannhauser). Wobei sich das Frivole, Urbane sozusagen Moderne ja auch nicht nur in Berlin abgespielt hat. Es geht auch um eine Weltoffenheit (Richtung Frankreich/Paris und den USA/New York), die hier manifest wird. Aber auch um den Verlust all dessen durch die Judenvernichtung der Nazis. Und was dann an »populärer Musik« kam und immer noch nachwirkt, wissen wir eh.

Soundsystem-Futter

Mit »Dancehallfieber, Vol. 2« (Hoanzl) gibt es erneut eine Werkschau der immer größer werdenden deutschsprachigen Ragga-Reggae-Dancehall-Szene. Kränkelte der erste Teil noch ein bisschen am »Too Much Too Soon«-Syndrom, so geht es hier (u.a. mit Jan Delay, Seeed, Nikitaman) absolut in die Vollen. Fette Bässe, harte Jungle-Riddims und Rhymes, die sich deutlich vom rein egobezogenen HipHop-Geschwafel (welches aber eh immer weniger wird) abgrenzen. Wo das alles herkommen kann auf »500% Dynamite!« (Soul Jazz) nachgehört werden. Wieder gibt es super ausgesuchte Raritäten aus knapp 20 Jahren jamaikanischer Musikhistorie. Die hat der Dub-Großmeister King Tubby nicht unwesentlich und nachhaltigst mitdefiniert. Welcher Wahnsinn dabei entfesselt wurde zeigen »King Dub« (Nascente) mit radikalsten, teilweise prätechnoiden Experimenten aus den 70ern sowie »Firehouse Productions« (Pressure Sounds), bei dem endlich auch die »digital years« von 1985 bis zu King Tubbys gewaltsamen Tod 1989 zum Zug kommen. Stellenweise eigentlich noch durchgeknallter als das bis dato bekannte Material und natürlich genau der Stoff, aus dem später nicht nur Jungle seine Breakbeats und Sub-Bässe bezog.

Elektronik-Land

Es muss ja nicht immer nur entweder Bum-Bum oder Brutzel-Knarz machen. Dazwischen tut sich immer auch was. Und was! Etwa subtil schleichende Groove-Landschaften mit umgefallenen Strommästen (Lamé: »Gold«), oder pumpende Stoplerstein-Hypnotik mit grenzgenialen »Gimme Shelter«-Samples (B Recordings: »Shine«). Höhepunkt aber Consoles »Live At Centre Pompidou«. Nix artsy-fartsy, sondern magisch anziehende Groove/Soundforschungen mit Pop-Bewusstein im Hinterkopf.

Sternspritzer-Electronica sozusagen! (alle Payola)