dezember 2001

Gerald Gröchenig

Ein Labor für Arbeitsformen

Das Internationale Zentrum für Kultur und Management ICCM übersiedelt in ein Kloster auf das Gelände der Trapp Villa

Die Geschichte der Familie Trapp ist den meisten wohl aus dem Film »Sound of Music« bekannt, genauso wie deren Heimstätte im Salzburger Stadtteil Aigen. Als Georg Trapp vor den Nazis nach Amerika floh, wurde die Villa im Krieg zum Hauptquartier des SS-Führers Heinrich Himmler. Der lässt das Gelände durch eine noch heute stehende Mauer umgrenzen, die dabei beschäftigten Zwangsarbeiter werden erschossen. Nach dem Krieg vertraut die Familie Trapp die Villa dem Orden »Kongregation der Missionare vom Kostbaren Blut« an.

Anfang der 60er Jahre entsteht auf dem Gelände ein Architekturdenkmal der Moderne: Der Orden beauftragt die heute legendäre Arbeitsgruppe 4 – Wilhelm Holzbauer, Johannes Spalt und Friedrich Kurrent – mit der Planung eines Priesterseminars. Mit dem Kolleg entsteht der bedeutendste monastische Sakralbau der 60er Jahre. Friedrich Achleitner spricht sogar von einem der wichtigsten Bauten der österreichischen Architektur nach 1945. Mit dem Flachbau, entwickelt aus dem Fundus traditioneller Architektur und der industriellen Ästhetik des Stahlbaus, werden komplexe historische und kulturelle Bezüge räumlich erfahrbar gemacht.

Seit Oktober 2001 ist das in Salzburg ansässige Internationale Zentrum für Kultur und Management ICCM Mieter des Hauses. Dreizehn Jahre nach seiner Gründung in Linz steht dieser Organisation nun erstmals ein dem Programm adäquater Bau zur Verfügung. Damit ist man der Intention, Salzburg als Ort für Kunst-, Kultur- und Medienmanagement zu etablieren, einen großen Schritt nähergekommen. Der Abschiedsschmerz von den vorher genutzten Plattenbauten des Techno-Z dürfte sich in Grenzen halten, stehen den StudentInnen jetzt doch neben Zimmern, Aula, Galerie, Bibliothek, Seminar- und Cateringräumen sogar ausgedehnte Parkanlagen und ein Sportplatz zur Verfügung.

486 Personen haben in den letzten zwölf Jahren das zweijährige »European Management Programme for the Arts & Media« am ICCM abgeschlossen. Die dabei zur Seite stehenden DozentInnen und TrainerInnen zwischen Managementzentrum St. Gallen, Wiener Staatsoper oder Salzburger Festspiele lesen sich wie ein »who is who« aus Praxis, Management und Politik. Auch die Kollegenschaft ist international: Kooperationspartner wie die Hochschule für Gestaltung und Kunst aus Zürich, das Managementinstitut Fitzcarraldo aus Turin oder der Kulturmanagement-Lehrgang aus Hässleloh in Schweden werden mit ihren StudentInnen auch das Kolleg in Salzburg besuchen.

Ein weiterer Programmpunkt des ICCM sind seine internationalen Sommerakademien: Waren es

früher InteressentInnen aus dem ehemaligen Ostblock, die dieses Angebot nutzten, so kommen jetzt vermehrt BesucherInnen aus dem zentralasiatischen Raum. Zwei Wochen lang entwickeln und verbessern sie unter Begleitung von ExpertInnen des ICCM ihre Vorhaben, bevor sie diese dann nach der Rückkehr realisieren. Solche internationalen Beziehungen machen sich bezahlt: erstmals wurden die Aktivitäten heuer vom Soros-Foundation-Network unterstützt.

Das Leitmotiv des minimalistischen Baus in Aigen ist das der Gemeinschaft. Im Kreuzgang des Hauses, heute Marktplatz für Ideen, Kommunikationsort und Treffpunkt, findet die interkulturelle Begegnung zwischen Praxis, Theorie und Lehre statt. Bei der heurigen Sommerwerkstatt haben hier Palästinenser gemeinsam neben Israelis Konzepte entwickelt. Die Vision von Direktor Herwig Pöschl, das ICCM als interaktive Kooperationslandschaft in eine Werkstatt für die Arbeitsformen der Zukunft zu verwandeln, nimmt in den neuen Räumen erstaunlich schnell reale Formen an.