dezember 2001

Didi Neidhart
leitartikel

TSCHITI BÄNG TSCHÄSS

Es ist charakteristisch für das Salzburger Kunstverständnis, dass beinahe alles als nicht wirklich förderungswürdig angesehen wird, das sich nicht schon im Zustand (s)einer »Klassik« befindet (also bereits einen entwicklungsgeschichtlichen Endpunkt aufgedrückt bekommen hat, nachdem im Grunde nichts Wesentliches mehr passiert ist und wenn, dann eigentlich nur als Perversion, Exzess, d.h., künstlerischer Vatermord und ästhetische Mutterschändung).

Dazu kommt, dass sich die Politik in Sachen Kultur zwar um Leitbilder bemüht. Ansonsten aber so gut wie regungslos verharrt. Siehe den Rausschmiss des Zeifluss Festivals aus den sommerlichen Festspielaktivitäten. Dass bei all diesen Rückzügen der Politik ins Private bei gleichzeitiger Anbiederung an die Wirtschaft keine Zeit bleibt, um an eine dem Mozarteum vergleichbare Ausbildungsstätte für Jazz zu denken, verwundert daher nicht wirklich.

Zum Auswischen der Augen und sonstigen Beschwichtigungen gibt's dafür ja den auch aus dem Kulturbudget finanzierten »Jazzherbst« des Veranstalters mit den parteiübergreifenden guten Kontakten Johannes Kunz. Diese, auch schon mal als „Jazz-Geriatrie“ bezeichnete Veranstaltung, kann natürlich nirgendwo anders ihre Hauptaktivitäten entfalten, als in den eh schon satt samt bekannten heiligen Hallen der Klassik. Das kann man dann »Öffnung« nennen. Ist im Grunde aber nichts weiter als museale Traditionspflege für ein Publikum von dem John Lennon bekanntlich schon einmal meinte, es könne ja mit den Juwelen klimpern, statt zu applaudieren.

Voll zeitgeistig benebelt wurden daher heuer auch Louis Armstrong und Mozart zwangsvermantscht. Nichts gegen den Versuch solcher Vergleiche. Symptomatisch ist so eine Bauernfängerei aber deshalb, weil hier mit der Zugkraft eines »Sound Of Music« spekuliert, der nicht zuletzt Louis Armstrong zur Satchmo-Mozartkugel der »Hello Dolly«/»What A Wonderful World«-Spätphase reduziert. Von etwaigen Impulsen für die Salzburger Jazz-Szene ganz zu schweigen. Aber die könnten ja u.a. ab Jänner in Form des Jazzlokals »JazziT« im ehemaligen KP-Volksheim (Elisabethstraße) absolut mozartkugelfrei passieren.